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Kultur: Ungeschminkt

Premiere der „Scharfen Sterne“ im T-Werk

Eltern können furchtbar peinlich sein. Gerade in der Pubertät. Und vor allem wenn sie so tun, als würden sie ihre heranwachsenden Kinder voll und ganz verstehen. So wie Lea“s Mutter, die ihrer Tochter jetzt schnell einen BH kaufen und unbedingt einen Frauenarzttermin besorgen will. Oder Isabellas Vater, der einen wildfremden Jungen gleich mal zum Schwiegersohn erklärt, nur, weil ihm die eigene Tochter an der Bushaltestelle schöne Augen macht.

Diese und andere „Wahrheiten" kommen im neuen Stück der Jugendtheatergruppe „Scharfe Sterne“, das am Freitagabend im T-Werk zur Premiere kam, ziemlich ungeschminkt zur Sprache. Und dass die 13- bis 15-jährigen Darsteller eigene Erfahrungen mit den Erwachsenen und dem Erwachsenwerden einbringen konnten, merkt man der flotten und scharfzüngigen Textvorlage von Spielleiterin Yasmina Ouakidi auf Schritt und Tritt an. Nicht nur die Sprüche der „Lästerschwestern“ Babette und Anjana scheinen der Realität in Klassenzimmern ziemlich genau abgelauscht zu sein, sondern auch die ersten zaghaften Versuche von Flo, Kontakt mit dem weiblichen Geschlecht aufzunehmen.

Bewusst überspitzt erscheinen dagegen die Spielsituationen in der lockeren 45-minütigen Szenencollage, die das leidige Thema Nr. 1, Aussehen und Outfit, immer wieder durch den Kakao ziehen. „Dein Leben wird laufen, dann musst du kaufen!“ skandieren vier arrogante Verkäuferinnen gleichzeitig als allgegenwärtige Verheißung im Chor und Schönheits chirurg Dr. Anders erklärt Spiegel prinzipiell zum natürlichen Feind jeder Frau. Im Stück kriegen seine Patientinnen vor der Behandlung jedenfalls lauthals Schreikrämpfe, sobald er ihnen einen vorhält.

Aber dann gibt es da noch Jenny, das stille Mädchen, das sich weder für die angesagten Klamotten noch für irgendwelche Liebschaften interessiert und ihre Gedanken auch sonst nicht mit dem üblichen Unterhaltungsmüll belastet. Und die ist ziemlich allein, nicht nur, weil sie keine Freunde hat, sondern weil auch ihre eigene Mutter sie erschreckend uncool für ihr Alter findet. Was Jugendliche sich wirklich wünschen, thematisiert dann ausgerechnet die oberflächliche TV-Moderatorin Sabrina. Und auch sie ist es, die irgendwann kurz aufscheinen lässt, dass hinter ihrer perfekten Larve ein ziemlich unsichere junge Frau steckt, die ihren eigentlichen Platz im Leben erst noch finden muss.

Am Schluss ist deutlich „Ihr könnt uns mal!“ auf der Bühne zu lesen. Und das meint sicherlich nicht nur, dass die „Lästerschwestern“ keine Lust mehr haben, die ihnen zugedachte Rolle zu spielen. Die neun Protagonisten (Aglaja Sprengel, Anja Ebert, Pia Lodtka, Nathalie Kirchner, Friederike Sonntag, Milan Dzykonski, Nicole Just und Saskia Ptak), die im jetzt vergangenen Schuljahr ihre ersten Bühnenerfahrungen bei den „Scharfen Sternen“ sammelten, haben jedenfalls mit viel Engagement und Spielfreude den Finger in eine Wunde gelegt, die auf dem Weg zum Erwachsensein immer wieder schmerzen wird. Von Freunden und Bekannten der Darsteller gab es begeisterten Applaus für eine gelungene Premiere. Astrid Priebs-Tröger

Die „Scharfen Sterne“ treffen sich wöchentlich dienstags um 17 Uhr und am 7. September ist Gelegenheit, für weitere Interessierte ab 13 Jahre in die Theaterarbeit rein zu schnuppern.

Astrid Priebs-Tröger

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