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Bibelgeschichten. Peter Menne hat Bathseba gemalt, die nach der ersten Nacht mit König David in der Wanne liegt („Bath-Seba“). Mehr Bibelauslegungen gibt es in der aktuellen Ausstellung von elf Potsdamer Künstlern im Café Matschke.

© Andreas Klaer

Treff im Café Matschke: Bathseba am Kachelofen

Das Café Matschke, ein wenig unscheinbar in zweiter Reihe, ist Künstlertreff und Ausstellungsort. „Lebensnotwendig“, sagen die Stammgäste. „Zwischenrunde“ zeigt Malerei, Fotografie und Karikaturen.

Sie schrubbt und schrubbt. Den Rücken erreicht sie nur mit einer langen Bürste. Die Frau in der Badewanne, die roten Haare praktisch hochgesteckt, geht dabei heftig zur Sache, auf dem Fliesenboden sind Wasserpfützen. Dabei schaut sie eher grimmig, fast wütend oder trotzig. „Bath Seba“ heißt die Zeichnung von Peter Menne. Als Sehhilfe hat der Maler und Karikaturist die entsprechenden Bibelverse dazugeschrieben, über König David, der sich, nicht gerade ein Kind von Traurigkeit, in die hübsche Nachbarin verknallt, sie für eine Nacht entführen lässt und schwängert. Später wird er sogar ihren Mann aus dem Weg räumen, um sie zu heiraten. Und Bathseba? Eine seltsam geduldige biblische Figur. „Sie aber reinigte sich von ihrer Unreinigkeit und kehrte wieder zu ihrem Hause“, steht es im Buch Samuel. Menne malt sie als wütendes Weib, ihre Brüste und Knie ragen spitz aus dem Badewasser. Und ihr Blick scheint zu sagen: „Nein heißt nein! Weißt du das nicht?“

Zu sehen ist das Bild jetzt bis Ende November im Café Matschke in der Ausstellung „Zwischenrunde“, mit Werken der Haus-Künstler Bernd A. Chmura, Christian Fleming, Axel Gundrum, Jörg Hafemeister, Christian Heinze, Joachim Liebe und Wolf-Dieter Pfennig. Dazu kommen dieses Mal Gäste, Peter Menne, der mehrere seiner Bibel-Auslegungen zeigt, Monika Schulz-Fieguth, Heike Isenmann und Manfred Rößler sind das erste Mal dabei. Der Kreis wird also größer.

Torge Kieburg, der vor zwei Jahren das etablierte Café von seinem verstorbenen Vater Rainer Matschke übernahm, freut das. Wenn das kleine, etwas abseits gelegene Restaurant eine Chance hat, dann nur im Zusammenspiel mit den Künstlern, als Ausstellungsort und Treffpunkt. Von solchen zwanglosen und „lebensnotwendigen“ Orten, wie Bernd Chmura sagt, gibt es mittlerweile zu wenige in Potsdam. Vor 1989 traf man sich in der Villa Kellermann vom Kulturbund oder im Klub der Künstler und Architekten „Eduard Claudius“. Da ist heute die Spielbank drin. Nun hat auch noch das Café Rothenburg dicht gemacht, das fehle ihnen, sagen sie. Und in der Schiffbauergasse mit dem Kunstraum fühlen sie sich nicht wohl.

Also trifft man sich im Sommer in Matschkes Biergarten, im Winter auf der warmen Ofenbank, der beste Platz im Haus und heiß begehrt – schließlich wird man nicht jünger, sagen die Künstler. Man redet über seine Arbeiten, organisiert Ausstellungen und verabredet sich nebenbei zur Rückengymnastik. Das Besondere an dem erst 1991 eröffneten Café sei, dass es keine herkömmliche Galerie mit Prosecco und Etepetete ist. „Hier gibt es keinen Kurator, jeder ist für seine Bilder selbst verantwortlich“, sagt Heinze.

Der Maler und Grafiker zeigt dieses Mal viel Mond – die Glienicker Brücke und einen nächtlichen Garten, über dem die runde Scheibe hängt. Fast poetisch sind die Fotografien von Monika Schulz-Fieguth. Wie ein göttliches Triptychon wirkt „Sitzende III“, ein dreiteiliger Rückenakt, schwarz-weiß und federleicht. Auch Heike Isenmann hat Frauen gemalt: Ihre im Jugendstil gehaltene „Drachenfrau“ ist ein märchenhaftes Wesen, mehrköpfig, voller üppiger Vegetation, dazwischen Libellen und Schlangen, eine großformatige, tapetenartige Leinwand wie eine Kulisse zum Sich-Wegträumen. Ganz anders die zarte Zeichnung einer jungen Frau, die ihre Arme um den Kopf schlingt und die Augen geschlossen hält. Eine schöne Überraschung sind zwei große analoge Fotografien Isenmanns: Fabelhafte Wetterbilder, Himmel und Blättersturm: „Verwunschen“. Verwunschen sind auch Joachim Liebes Fotos, zumindest aus einer anderen Zeit. Manfred Rößler zeigt bunte Aquarelle und Collagen, Hafemeister Karikaturen mit Bezug zur Potsdamer Stadtpolitik. Gewohnt böswitzig sind die Cartoons von Bernd Chmura, der Alltagsphrasen aufgespießt hat. Wolf-Dieter Pfennig beschäftigt sich mit dem Balanceakt zwischen Mann und Frau. Jenes sinnlich-frivole Zwischenmenschliche findet sich auch in der Malerei von Axel Gundrum. Christian Fleming zeigt zauberhaft-wattige Aquarelle mit Ansichten von Italien bis Hiddensee.

Er müsse sich unbedingt mal diesen einen verrückten Baum auf Hiddensee anschauen, sagt Chmura beim Kaffee an Matschkes Kachelofen. Seit Kurzem treffen sich hier aber nicht nur Maler, auch Filmstammtische, sauber getrennt nach Dokumentar- und Spielfilm. 2017 plant Kieburg eine Ausstellung mit Künstlernachlässen aus dem Archiv von Thomas Kumlehn und die Stadt- und Landesbibliothek würde hier gern Bilder aus ihrer eigenen Artothek zeigen. „Denn die dürfen die vielen weißen Wände ihres Neubaus dafür nicht nutzen“, sagt Kieburg. Sein Café indes wird bald zum Weihnachtsmarkt: Ab 2. Dezember gibt es wieder „Kleine Formate“ für Geschenkesucher.

Alleestraße 10, geöffnet Dienstag bis Donnerstag 15 bis 22 Uhr, Freitag bis Sonntag 12 bis 22 Uhr

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