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Düstere Balladen, opulente Hymnen, viel Licht. Havschild alias Jörg Hauschild bringt im Solo-Ritt melodischen Metal mit deutschen Texten auf die Bühne.

© promo

Theater in Potsdam: Metal auch zum Kuscheln

Es kracht, es qualmt, es rockt: Jörg Hauschild legt als „Havschild“ im Theaterschiff seine „Beichte“ ab. Der Filmschnittmeister mag es theatralisch – und liebt die Brüche.

Wer auf das Promo-Video von „Havschild“ alias Jörg Hauschild klickt, der ahnt, was ihn am Freitag auf dem Theaterschiff erwartet: Heavy Metal, leicht melodisch. Und das Ganze verpackt in kräftigen, teils apokalyptischen Bildern. Der Mann mag es theatralisch – und liebt die Brüche.

Eigentlich ist Jörg Hauschild gerade dabei, den „Gundermann“-Film zu schneiden. Aber für solche speziellen Projekte wie seine Ein-Mann-Show „Beichte“, mit der er düster und opulent auf das Theaterschiff zieht, kann man sich auch mal frei nehmen. Schließlich gönnte sich sein Stammregisseur Andreas Dresen auch gerade eine „Pause“, um mit seiner Band in Görlitz aufzutreten. Anfangs gehörte Jörg Hauschild mit Gitarre und Geige zu dieser Gruppe um Andreas Dresen und Axel Prahl, die sich zum zehnten Todestag des Rockpoeten Gundermann gründete, fest dazu. Ab und an spielten sie auch Hauschilds Lieder. Aber der 50-Jährige hätte gern mehr Eigenes eingebracht. Dafür fand er keine Mehrheit. Also sagte sich der Filmschnittmeister und Komponist, der gemeinsam mit Dresen an der Filmhochschule Babelsberg studierte: „Man kann vieles für andere machen, aber manche Dinge muss man auch für sich alleine tun.“

Und so verfolgt er bereits seit fünf Jahren seine Solo-Musikkarriere, die er durchaus mit Gleichgesinnten teilen möchte. „Dazu müsste ich aber auf Musiker treffen, vielleicht einen Keyboarder und Schlagzeuger, die meine Musik auch geil finden.“ Die hat der Szene-Neuling noch nicht getroffen, und so nimmt er den Abend eben allein in die Hand: unterstützt von seinen Videos, viel Licht und Musik aus der Konserve.

Dass das funktionieren kann, sah er bei der kanadischen Sängerin Peaches, die er mal in einem Vorprogramm von Rammstein erlebte. „Sie hat ein bisschen gesungen und getanzt und die Hauptmusik kam vom Band. Da dachte ich mir: Das kann ich auch probieren.“ Seine ersten drei Konzerte bestritt er in seiner Heimatstadt Gera. Und war enttäuscht. „Es kamen nur die Freunde und ein paar Verirrte.“ Die Werbetrommel war wohl nicht laut genug gerührt.

Für sein viertes Konzert und nunmehr erstes in Potsdam hat er den hiesigen Freundeskreis aktiviert, auch Andreas Dresen wird kommen. Und hoffentlich viele andere. „Wir werden den Kahn schon schaukeln. Schön wäre es, wenn alle mithopsen.“

In seinen Videos erkennt man den versierten Filmmann, der sich auf Effekte versteht. Und die Musik? „Meine Freunde sagen immer: ,Klingt wie Rammstein, nur romantischer.’“ Er mag Rammstein, vor allem die Theatralik in ihrer Bühnenperformance mit den ausgefallenen Kostümen und auch, dass sie auf Deutsch singen. So wie er. Hauschild selbst wird wohl in schlichtem Schwarz auftreten. Allein kommt er sich in Verkleidung zu albern vor.

Seine Musik und Texte entstehen meist ganz spontan, wie nebenbei. Er sammelt sie als Notizen in seiner „Bibliothek“ und fügt sie irgendwann zusammen, wenn sie reif dafür erscheinen. Vor allem liegt ihm die Musik am Herzen. Die Texte sollen natürlich dazu passen, aber er weiß, dass er da nicht unbedingt Neuland betritt. Es sind archaische Themen, die in Gefühls- und Märchenwelten fischen. In „Scheues Tier“ beginnt er wuchtig und düster und endet fast zärtlich in einem Kinderlied. Solche Brüche sind immer wieder auf seiner CD zu finden.

In der Show im Theaterschiff wird sich der thematische Bogen von den Freuden des Lebens bis zum Tod spannen, dem er balladesk begegnet. Anders als Rammstein huldigt er nicht nur dem Heavy Metal. „Ich bin schon ein bisschen kompatibler, nicht so brutal und extrem. Man kann sich auch mal einkuscheln.“

Als er noch mit Dresen und Prahl unterwegs war, sei es schon lustiger zugegangen. „In der Gruppe blödelt man rum. Wenn man nur sich allein als Stützpfeiler hat, nimmt der psychische Druck zu. Andererseits ist es allein auch einfacher: Man findet eher Veranstalter, weil man weniger kostet. Dennoch bleibt es schwierig, eine Bühne zu finden.“

Es sei keineswegs so, dass er sich im Film- und Theaterbereich nicht ausgelastet fühle und durch die Musik angestauten Ballast loswerden müsse. Es ist vielmehr die Lust auf Eigenes. „In meiner Tätigkeit beim Film bin ich der Spiegel des Regisseurs, der ihm etwas zurückwirft. In meiner Musik bin ich mein eigener Regisseur und die Zuschauer sind mein Spiegel.“

Gespannt wartet er auf den morgigen Freitag. „Wenn keiner kommt oder keiner tanzt, überlege ich neu, wie es weitergeht.“ Sollte es gut laufen, geht er vielleicht mit seinem Künstlernamen Havschild nochmal ins Gericht. „Es war damals der größte werbetechnische Unsinn, der mir einfiel.“ Das V für das U in seinem Namen sollte einen mittelalterlichen Touch reinbringen. „Außerdem war die Hauschild-Domäne besetzt.“ Wie wäre es schlicht mit HauSchild: mit Kampf und Schutz zugleich? Zur Musik würde es passen. Heidi Jäger

Am morgigen Freitag um 19.30 Uhr im Theaterschiff, Schiffbauergasse. Eintritt 15, im Vorverkauf 13 Euro

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