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Robert Weiland (l.), Martin Mehlitz und Jenne Baule-Prinz führen am Sonntag durch ihre Ateliers in den Thiede-Werkstätten.

© A. Klaer

Tag des offenen Ateliers in Potsdam: Malen mit Lehm, schnitzen am Eis

90 Künstler aus Potsdam öffnen ihre Türen: Beim diesjährigen Tag der offenen Ateliers am 3. Mai liegt der Fokus auf Mitmachangeboten.

Potsdam - Aufräumen für die Gäste wird er nicht, sagt Robert Weiland. Der Maler, der seit September vergangenen Jahres in den Thiede-Werkstätten arbeitet, öffnet, wie seine fünf Nachbarn, am Sonntag beim Tag der offenen Ateliers seine Tür. „Da werde ich aber arbeiten und die Spuren davon können ruhig zu sehen sein“, sagt er. Bei seinen Ölbildern trägt er breit und flächig auf, arbeitet nicht mit Pinsel, sondern Spachtel und Malmesser. Mitten im Raum liegt zwischen den Bildwänden auch eine Installation: Mehrere Windschutzscheiben, zerbeult und vom typischen Geflecht zerborstenen Sicherheitsglases durchzogen, bedecken zusammengeschraubte Gerüstbauteile, die eine menschliche Figur symbolisieren – Weilands Beitrag zur aktuellen Flüchtlingsproblematik.

Die Scheiben holte sich Weiland von der benachbarten Carglasswerkstatt. Im Gewerbegebiet an der Babelsberger Wetzlarer Straße, wo verschiedene kleinen Handwerksbetriebe und Firmen sitzen, sind die Wege kurz. Am Sonntag werden Besucher durch die Räume des historischen Gebäudes, das einst zum Karl-Marx-Werk gehörte, geführt. Von 13 bis 16 Uhr können Besucher, vor allem Kinder, in dem großen Saal, einst Produktionshalle, selber künstlerisch experimentieren. Zwei Mitarbeiterinnen vom Kulturamt betreuen die Kinder. „Wir stellen ihnen genau die Materialien zur Verfügung, mit denen wir selbst arbeiten“, sagt Martin Mehlitz. „Vielleicht finden sie bei uns Inspiration.“ Der Maler, der in den Thiede-Werkstätten neben seinem Atelier auch eine Malschule betreibt, benutzt außer Acryl auch Sand und Lehm, gern mit Klümpchen, streicht, spachtelt und kratzt auf den Oberflächen, um plastische Effekte zu erzielen. Aus Klebestreifen, Zeitungspapier, Leim und Farbe stellt Grafikerin Marion Börsch plastische Kollagen her – auch das kann man Sonntag probieren.

37 Ateliers sind mit dabei

Insgesamt 37 Ateliers und Ateliergemeinschaften im Potsdamer Stadtgebiet beteiligen sich am Tag des offenen Ateliers. Von 11 bis 18 Uhr sind Besucher eingeladen, sich ein Bild von dem Werk und der Arbeitsweise der Künstlers zu machen. Viele lassen sich an diesem Tag über die Schulter schauen, wollen mit Gästen ins Gespräch kommen, nicht nur über die Kunst. Und wer will, darf gern Bilder, Objekte, Skulpturen, Keramik oder Fotos käuflich erwerben. Bei den meisten Künstlern gibt es Kaffee und Kuchen, Livemusik oder Lesungen, manche laden ein in den Garten.

Unter den Ateliers sind viele, die sich versteckt in den Altbau-Hinterhöfen der Innenstadt befinden, die oft unentdeckt bleiben. Wie das von Rapunzel Bräutigam. Die Bildhauerin arbeitet in der Gutenbergstraße 96 im grünen Handwerkerinnenhof , stellt dort japanische Rakukeramik her, Skulpturen, Objekte und Geschirr. Sie zeichnet außerdem mit Kohle und Tusche. Das Berliner Ensemble vila maha musiziert dort ab 16 Uhr, geöffnet ist der Handwerkerinnenhof bis 20 Uhr.

Live Malerei und vergängliche Kunst

Im Umland lässt sich ein Besuch der Panzerhalle in den ehemaligen Kasernen in Groß Glienicke, wo als Gäste in diesem Jahr zwei Malerinnen aus Japan ausstellen, oder des Ateliers Waldsiedlung in Groß Glienicke mit einem Ausflug zu Schloss und Kirche Sacrow verbinden. Im Bürgerhaus Neu Fahrland präsentiert sich der Mal- und Zeichenzirkel Neu Fahrland. Die Potsdamer Kunstgenossen stellen zentrumsnah, aber doch romantisch am Ufer des Heiligen Sees im Treffpunkt Freizeit aus. Dort zeigen Jeanne Finsterbusch, Ute Manoloudakis, Maria Mayer, Eckhard Roth, Ralph Gräf und Michael Schulze ihre Arbeiten, Malerei, Lichtkunst, Poesie, Fotografie und Installation. Es wird live gemalt, man kann als Besucher also einen direkten Einblick in Technik und Arbeitsweise bekommen. Ab 15 Uhr gibt es dazu Musik vom Laboratorium Orchestra auf der großen Bühne auf der Seeseite – Weltmusik, Jazz, Rock und Blues, das Café Le Midi ist geöffnet. Um 14 Uhr wird vor dem Haus eine kleine, aber wichtige Skulptur feierlich enthüllt: Das Kugel-Mosaik der Sonne von der Potsdamer Künstlerin Annette Messing komplettiert die Darstellung des Sonnensystems im Planetengarten.

ÜBERBLICK: Teilnehmende Künstler in Potsdam >>

Um vergänglichere Kunst geht es bei der Aktion im Hof der Friedrich- Ebert-Straße 82. Dort wird der Tag der offenen Ateliers um 11 Uhr eröffnet – mit einer spektakulären Eis-Aktion. Die Potsdamer Eis- und Performancekünstlerin Geertje Jacob und ihre Küntslerkolleginnen Ilka Raupach und Malou von Simson arbeiten mit Eis. Anfang des Jahres nahm das Trio am internationalen Schneeskulpturenwettbewerb in Québec, Kanada, teil. Nun wird in Potsdam eine große Eisskulptur entstehen. Für Besucher stehen kleinere Eisblöcke von etwa 100 mal 50 mal 25 Zentimetern bereit, an denen man mit Meißel und scharfem Messer das Eisschnitzen probieren kann – rechtzeitiges Erscheinen vorausgesetzt. Denn zu vorgerückter Stunde dürfte von dem Eis, das mit einer Temperatur von minus zehn Grad geliefert wird, schon einiges weggeschmolzen sein. „Das ist eben der Reiz des Vergänglichen“, sagt Geertje Jacob.

Auch auf dem Freilandgelände in der Friedrich-Engels-Straße öffnen Künstler Tür und Tor und lassen Besucher in die Ateliers schauen. Hier kann auch selber Hand angelegt werden, die Maler zeigen, wie Ölfarben gemischt werden. Entweder gleich vor Ort ausprobieren oder mitnehmen nach Hause.

Weitere offene Ateliers (Auswahl)

Angela Frübing, Malerei, Grafik, Restaurierung, Wollestraße 76.

Andreas Schiller, Malerei,Uhlandstraße 6.

Olaf Thiede, Pastell- und Ölmalerei, Tuchmacherstraße 11.

Heidemarie Vetter, „Blaue Schafe“,Lessingstraße 54.

Sylvia Powietzka, Malerei, Doreen Stenzel, Paiper- und Textilkunst, Benzstraße 11.

Steffen Brünner, Bildhauer und Maler, Gartenstraße 2.

Bettina Hünicke, Malerei und Restaurierung, Zum Heizwerk 16.

Annette Paul, Manfried Sielhoff, Atelier Gülden, Carl-von-Ossietzki-Straße 28.

Atelierhaus Scholle, Geschw.-Scholl-Str. 51

Jens Bogula, Malerei und Grafik, Geschw. -Scholl-Straße 76.

Birgit Ginkel, Malerei, Auf dem Kiewitt 23.

Nadja Junghannß, Malerei, Lederkunst, Knobelsdorffstraße 17.

Rapunzel Bräutigam,Bildhauerei, Gutenbergstraße 96.

Kinki Color, Jägerstraße 40.

Gosha und Toshiyuki Nagashima, Malerei, Keramik, Dortustr. 55.

Annette Strathoff, Malerei und Kollagen, Hans-Thoma-Str. 13.

Micky Focke, Malerei, Eisenhartstraße 20.

Kaisertheek, Malerei, Fil, Fotografie, Behlertstraße 40c.

Potsdamer Kunstgenossen Treffpunkt Freizeit, Am Neuen Garten 64.

Atelier im Bürgertreff Neu Fahrland, Am Kirchberg 51.

Atelier Bullenwinkel, Skulpturenpark, Bullenwinkel 5.

Groß Glienicker Begegnungshaus, Glienicker Dorfstraße 2.

Michael Mosolff, Fotografie, Pilzweg 14.

Tag der offenen Ateliers am Sonntag, 3. Mai. Die Künstler empfangen Besuch von 11 bis 18 Uhr, teilweise auch länger. Auch im Umland und den umliegenden Landkreisen sind Ateliers geöffnet. Alle Teilnehmer und Adressen sind zu finden unter www.kulturland-brandenburg.de

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