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Kultur: Stumme Zeugin

Benefizkonzert im Potsdam Museum für die Restaurierung einer Flöte von Friedrich II.

Die Flöte wird stumm bleiben. Trotzdem steht sie im Mittelpunkt der Benefiz-Veranstaltung am morgigen Freitag im Potsdam Museum. Denn die von einer spannenden Geschichte begleitete Traversflöte aus der Werkstatt des Potsdamer Flötenbauers Friedrich Gabriel August Kirst (1750-1806), die Jahrzehnte im Depot des Potsdam Museums lag, bedarf einer gründlichen Restaurierung. Sie ist zurzeit nicht spielbar. Dennoch wird im Potsdam Museum Flötenmusik erklingen. Das Ensemble Musica Affetuosa gibt Einblick in das musikalische Leben am Hofe Friedrichs des Großen. Hannes Immelmann spielt auf einer Kirst-Flötenkopie. Der holländische Instrumentenbauer Pollak hat sie jedoch heutigen Standards angepasst.

Die Museumsflöte gehörte einst Friedrich II. Der König besaß eine ganze Reihe derlei Blasinstrumente, denn er selbst war bekanntlich ein leidenschaftlicher Flötist. Er komponierte 121 Flötensonaten und vier Flötenkonzerte. Mentor war der Komponist, Musiker und Lehrer Johann Joachim Quantz, den er in Dresden kennenlernte. Quantz soll selbst Flöten angefertigt haben. „Wegen Mangels guter Flöten fing ich im Jahre 1739 an, selbst welche zu bohren, und abzustimmen“, schrieb er in seiner Autobiografie. Ab 1768 arbeitete er eng mit dem Flötenbauer Friedrich Gabriel August Kirst zusammen, der im Holländischen Viertel gewohnt und gearbeitet haben soll. Kirst lernte in seiner Heimatstadt Dresden bei August Grenser. 1768 zog es ihn nach Potsdam. In der preußischen Residenzstadt war er bei dem Holzblasinstrumentenbauer C. F. Freyer tätig. Nach dem Tod seines Arbeitgebers 1772 heiratete er dessen Witwe Eva Maria und führte die Werkstatt weiter.

Friedrich bestellte auf Anraten von Quantz bei Kirst einige Flöten, die nach Ansicht des Flötenlehrers einen „hellen, schneidenden, dicken, runden und männlichen Ton haben“. Kirst kam erst in jenen Jahren als Instrumentenbauer ins königliche Geschäft, als Friedrich teilweise unter Ermüdungserscheinungen litt und das Musizieren nicht mehr so häufig pflegte. Verdiente Persönlichkeiten seines Hofes kamen schließlich in den Genuss, mit einer Flöte beschenkt zu werden. Auch die Rittergutsfamilie Brandhorst in Satzkorn konnte sich solcher Ehre erfreuen. Zwei Brüder haben dem König gedient: Johann Carl Ludwig, der Stallmeister war, sowie der Regimentsquartiermeister Friedrich Leopold. In den Schlachten von Roßbach und bei Liegnitz soll er erfolgreiche Arbeit geleistet haben. Als Anerkennung wurde er zum königlichen Kriegsrat berufen.

Matthias Deinert, freier Mitarbeiter für Provenienzforschung am Potsdam Museum, sagte gegenüber den PNN, dass man somit annehmen kann, dass Friedrich Leopold Brandhorst der Flötenbeschenkte war. Deinert hat sich intensiv mit der Geschichte der Museums-Flöte beschäftigt und wird während des Benefizkonzerts über seine Forschungen sprechen. Der Wiederentdecker des Instruments wurde aber Georg Müller, vor 1945 Soloflötist der Staatskapelle Berlin. Gemeinsam mit dem Organisten der Garnisonkirche Potsdam, Otto Becker, veranstaltete er von 1931 bis 1944 über 200 „Kunsthistorische Konzerte“, bei der die Kirst-Traversflöte aus dem Städtischen Museum eine klingende Rolle spielte. Müller, der auch musikgeschichtlich forschte und publizierte, entdeckte im Museum den schriftlichen Hinweis, dass das Instrument eine Beziehung zwischen Friedrich dem Großen und der Satzkorner Familie Brandhorst aufweise, so Matthias Deinert.

Natürlich verfolgte der Provenienzforscher die geschichtlichen Spuren. „Jenny Heucke, geborene Brandhorst, hat die Flöte dem Museum als Schenkung übereignet. Das genaue Datum ist jedoch nicht überliefert. Es könnte 1912 gewesen sein, als das Städtische Museum eine große Ausstellung zum 200. Geburtstag Friedrich des Großen veranstaltete, aber auch in den folgenden Jahren. 1931 gehörte sie auf alle Fälle zum Bestand des Museums. „Georg Müller nahm sich ihrer intensiv an und blies ihr Leben ein“, so Deinert. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand die kostbare Traversflöte ins Depot. Nun ist sie wieder entdeckt worden und soll auf Betreiben des Museum-Fördervereins restauriert werden. Das Musikinstrumenten-Museum in Berlin konnte dafür als Partner gewonnen werden. Somit könnten in naher Zukunft die klanglichen Qualitäten des Instruments wieder hörbar gemacht werden. Ein Highlight haben die Veranstalter am Konzertabend noch parat. Man wird die Flöte hören und zwar auf historischen Tondokumenten mit Georg Müller und Otto Becker. Klaus Büstrin

Das Benefizkonzert am morgigen Freitag im Potsdam Museum am Alten Markt beginnt um 19.30 Uhr.

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