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Kultur: Stille, Nachdenklichkeit, Meditation

Eine Ausstellung der Potsdamer Malerin Squaw Hildegard Rose zu ihrem 70. Geburtstag

Wenn Squaw Hildegard Rose aus ihrem Wohnungsfenster blickt oder ihre Schritte vor die Terrassentür in den Garten lenkt, hat sie eine wunderbare Kulturlandschaft vor sich, den Jungfernsee, die Glienicker Brücke, das Casino des Schinkel-Schlosses Glienicke und in der Ferne die Heilandskirche Sacrow. Dies jedoch abzubilden ist der Malerin ihre Sache nicht. Elastischer Intellekt und beflügelte Fantasie haben Squaw Hildegard Rose, die heute ihren 70. Geburtstag feiert, in andere künstlerische Bahnen geführt. Auch wenn sie sicherlich nicht von der Hand weisen würde, dass gerade auch das Wohn- und Arbeitsumfeld sie immer wieder zu ihrer Malerei inspiriert hat: das stets wechselnde Licht, die Farbvarianten der Jahreszeiten, die Weite der Havellandschaft.

Im Kunsthaus „Sans titre“ in der Französischen Straße ist ab heute eine Ausstellung der Potsdamer Künstlerin zu sehen. Es ist ein Ort, der sich sicherlich als öffentliche Begegnungsstätte von Kunst und Betrachtung noch bewähren muss. In dem vom natürlichen Licht durchfluteten oberen Raum haben Squaw Hildegard Rose und der Kurator Thomas Kumlehn Bilder aus den vergangenen fünf Jahren ausgewählt. Ab kommenden Wochenende beschäftigt sich dann eine Schau in der Galerie „Mutter Fourage“ in Berlin-Wannsee retrospektiv mit dem Werk der Künstlerin, die in Kiel geboren wurde, in ihrer Heimatstadt sowie in Braunschweig Kunst studierte und seit zwölf Jahren in Potsdam lebt. Ihren Beinamen erhielt sie von ihrem Mann, weil ihre langen schwarzen Haare ihn an eine Indianerin erinnerten. Auch sie selbst ist beeindruckt von der Naturnähe dieses Volkes. In der Landeshauptstadt und darüber hinaus gehört Squaw Hildegard Rose längst zu den profiliertesten Künstlerinnen. Ihr Werk entsteht ohne viel Aufheben. Doch wenn die Bilder zur Betrachtung für eine Ausstellung freigegeben sind, ist man bewegt von dem Reichtum ihrer Kunst.

„Ich arbeite hauptsächlich in einer Mischtechnik auf Papier, trage Farben in vielen Schichten auf, um eine bestimmte Tiefe und Räumlichkeit zu erreichen. Deshalb animiert meine Bildästhetik zu unterschiedlichen Sicht- und Interpretationsmöglichkeiten“, hat die Künstlerin ihre jahrelange Arbeitsweise beschrieben. Jedoch kein heiter-buntes Farbspiel begegnet dem Rezipienten, sondern zumeist Farbströme von dunklen Braun- oder Blautönen, die zu verschiedenen amorphen Strukturen gebildet werden. Man ist versucht, so manches Bild mit einer nächtlichen Stimmung in Verbindung zu bringen, mit mystischer Undurchdringlichkeit. Weitestgehend Stille, Nachdenklichkeit, Meditation.

Doch mit den Jahren hat die Malweise von Squaw Hildegard Rose eine Veränderung erfahren. „Von den langwierigen und auch Kraft beanspruchenden Prozessen, die die Technik von übereinander gelagerten Farbschichten bringen, musste ich mich aus gesundheitlichen Gründen weitgehend verabschieden“, sagt die Künstlerin. Die Collage gehört nun zu ihrer bevorzugten Technik. „Ich habe gespürt, dass man mit ihr ebenfalls wunderbare Räume schaffen kann.“ Die Ausstellung zeigt dies in beeindruckender Weise. Röntgenaufnahmen zusammen mit Fundsachen, die in Zeitschriften gefunden wurden, treten deutlich aus den Bildern hervor, werden farblich gestaltet. Die Formgebilde sind lockerer, fragiler geworden, doch wirken sie weniger spontan. Mehr Licht haben sie gewonnen. Dem tiefen Dunkelblau ist ein lichtes Blau gewichen. Auch die Zeichnung habe bei Hildegard Rose einen größeren Stellenwert bekommen, sagt Kurator Thomas Kumlehn. „Ein feines Liniengeflecht aus Blei, schwarzer Kreide und mattfarbigen Pastellkreiden lässt die Raumbildungen differenzierter wirken. Bisweilen wirken sie wie ein Schattentheater“, so der Kurator. Die Romantik ist nicht weit entfernt. Abstraktion und Gegenständlichkeit sind fließend.

In der Kunst von Squaw Hildegard Rose begegnen uns bewegende Bilder, denen man sich stellen muss, die Zeit brauchen, um sie zu erfühlen, um ihren Klang zu hören und ihre wohl meist unergründlichen Wege zu erahnen. Wenn man ihnen nahe kommt, sind sie ein großes Geschenk an den Betrachter. Klaus Büstrin

Ausstellung im „Sans titre“, Potsdam, Französische Straße, 18, 1. bis 11. November, Do bis So 11-18 Uhr. Ausstellung in der Galerie „Mutter Fourage“, Wannsee, Chausseestraße 15a, 5. November bis 2. Dezember, Fr. 14-18 Uhr, Sa/So 12-17 Uhr

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