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Kultur: Stehaufmännchengleiche Höhenflüge Orgelsommer-Konzert mit Philip Schmidt-Madsen aus Kopenhagen

Das Publikum herzlich zu begrüßen und es auf Kommendes einzustimmen, gehört auch im 27. Jahr des Internationalen Orgelsommers Potsdam zu den liebgewordenen Traditionen.

Das Publikum herzlich zu begrüßen und es auf Kommendes einzustimmen, gehört auch im 27. Jahr des Internationalen Orgelsommers Potsdam zu den liebgewordenen Traditionen. Doch Johannes Lang, Orgelsommer-Organisator und Kantor der Friedenskirche, will mehr. Seine ideenreich konzipierte Reihe steht in dieser Saison unter dem jubilierenden Jahresmotto „500 Jahre Reformation“ und will gleichzeitig der Frage nachspüren, ob es in diesem Zusammenhang auch eine Reformierung im Bereich der Orgelmusik gegeben hat.

Die Beantwortung will er sich von den jeweiligen Künstlern erbeten. Und so führte Lang am Mittwoch auf der Orgelempore der Friedenskirche ein Gespräch hierzu mit Philip Schmidt-Madsen, Kirchenmusiker an der St. Matthäus-Kirche im Kopenhagener Stadtteil Vesterbro. Was umso aufschlussreicher verlief, als das Programm unter dem Motto „Nordlichter“ stand und mit sinfonisch geprägten, opulent angelegten und für die sinfonisch disponierte Woehl-Orgel sehr passenden Werken von hierzulande kaum bekannten Komponisten aufwartete. Selbst Kantor Lang musste eine gewisse Wissenslücke einräumen, wodurch die Art seiner Fragen sich auch aus Quellen des persönlichen Interesses speisten.

Mit Rued Langgaard (1893–1952) und Carl Nielsen (1865–1931) standen sich die Vertreter zweier musikästhetischer Welten als Antipoden gegenüber. Während Nielsen einen eher klaren, klassizistisch-modernen Stil bevorzugte, schwelgte Langgaard in symbolistisch-romantischen Welten und Werken. Trotz früher Erfolge war sein Leben von fehlender Anerkennung geprägt. Er liebte ekstatische Empfindungen und überhöhte Emotionen, sah Richard Wagner als sein Vorbild an und erhielt erst mit 47 Jahren eine Organistenstelle am Dom zu Ribe. Mit seinem „Preludio Patetico“ begann der Konzertabend. Wie der Name assoziiert, zeigt es sich ziemlich zerklüftet, kompakt in der Anlage, dunkel in den Farben, sinfonisch dräuend und gelegentlich von lyrischer Stimmungsmalerei durchsetzt. Unaufhaltsam schraubt sich in die Höhe, was wenig später abrupt in die Klangtiefe fällt, um stehaufmännchengleich zu neuen lyrischen Höhenflügen anzusetzen. Wuchtig und ausschweifend, mit grellen Schlaglichtern nicht sparend, bringt der Organist das Werk zu seinem pathetischen Abschluss. Gleichsam aus gemeißelten Akkordblöcken vollzieht sich der Beginn des streng geformten, von dramatischer Vitalität nur so strotzenden „Allegro marcato“-Einleitungssatzes der g-Moll-Sonate von Johann Peter Emilius Hartmann (1805–1900), der nach Vaterwillen Jura studierte, weitgehend autodidaktisch komponierte und für knapp 60 Jahre als Organist an der Kopenhagener Frauenkirche wirkte. Im „Andantino“-Satz weiß er mit liedhafter Besinnlichkeit zu begeistern, die der Organist durch seine farbenreiche Registrierung noch betonte.

Mit zwei im vollen Orgelwerk mächtig gewaltig aufrauschenden Stücken (F-Dur-Moderato, a-Moll-Allegro) meldete sich Niels Wilhelm Gade (1817–1890) zu Wort. Auch er hatte wie Hartmann enge Beziehungen zu Deutschland, studierte am Leipziger Konservatorium, wo Felix Mendelssohn Bartholdy sein Mentor wurde und über seinen Schützling schwärmte, er sei „ein neues Licht in der Musik“. Das leuchtete außerdem mit drei Orgelchorälen in klassizistischer Ausgeglichenheit: mild gefärbt, warm leuchtend, zart und lieblich getönt. Den Abschluss bildete „Commotio“ (Erschütterung), das einzig größere Orgelwerk von Carl Nielsen: ein eindringlicher, unaufhörlich wie ein Unwetter wirkender Wortschwall, der über einen hereinbricht. Als er sich verzog, hatten liebliche Stimmen mit weitschweifigen Plaudereien das Sagen, ehe es zum machtvollen Finale kam. Peter Buske

Nächstes Orgelsommer-Konzert am 19. Juli um 19.30 Uhr in der Erlöserkirche

Peter Buske

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