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Kultur: Stadt(ge)sicht

Julia Brömsel und Maria Wilke im Kunstwerk

Potsdam einmal anders. Gesehen und porträtiert von zwei Frauen, die sich schon die Hälfte ihres Lebens kennen und deren Weg sich nun, in Potsdam, erneut kreuzt. Nach Jahren der Ausbildung kehrten die beiden Künstlerinnen, nunmehr in den Endzwanzigern, dorthin zurück, wo sie gemeinsam ihre ersten künstlerischen Schritte taten. Der Offene Kunstverein, der ihnen damals dafür den Raum gab, lieferte nun auch die Idee einer gemeinsamen Ausstellung. Somit schließt sich im vereinseigenen „Kunstwerk“ unter dem Motto „stadt(ge)sicht eine ausstellung von julia brömsel & maria wilke“ nach 15 Jahren der Kreis.

Die beiden Ausstellungsflächen des Kunstwerks sind mit Malerei von Julia Brömsel sowie Grafik und Textilarbeiten der Designerin Maria Wilke dicht bestückt. Die Arbeit am eigenen Potsdam-Bild ist für beide Frauen zu einem Prozess geworden, der sie in der vertrauten Stadt neu Anker werfen ließ. Die mit neuen Augen gesichteten Sehenswürdigkeiten und anderen Potsdamer Orte haben beide Künstlerinnen zu originellen Bildschöpfungen stimuliert. Maria Wilke hat eine Serie phantasievoller Schwarz-Weiß-Grafiken aus bekannten und weniger bekannten Potsdam-Ansichten entwickelt. Eigene Fotos, die sie am PC bearbeitete, bilden dabei das Ausgangsmaterial. Später gesellen sich Zeichenstift und Montagetechniken hinzu. In minutiöser Arbeit entstehen eigenwillige Variationen zum Einsteinturm, Hotel Mercure und anderen markanten Gebäuden im Potsdamer Stadtbild. Die gezeigten Arbeiten verblüffen durch die ungewöhnliche Mischung aus grafischer Präzisionsarbeit und ornamentaler Ausschmückung. Ohne dass sich die beiden Frauen da abgesprochen hätten, tauchen in ihren Bildern von Potsdam immer wieder Schnecken und Fische auf. Phantasievoll gearbeitete farbenfrohe Fische aus Textil hat die diplomierte Holzgestalterin ihren Schwarz-Weiß-Grafiken an die Seite gestellt. Kreative Kostproben alles in allem, die eine Ahnung davon vermitteln, dass sich Maria Wilke neben ihrem erlernten Metier künstlerisch auch noch in ganz andere Richtungen entfalten kann.

Der effektvolle Bilderreigen von Julia Brömsel setzt den konzentrierten Arbeiten ihrer Freundin ein völlig anderes Temperament entgegen. Mit sichtlichem Vergnügen hat sich die inzwischen vor allem auf der Bühne entfaltende Künstlerin auf das üppige Bilderarsenal von Potsdam-Stadtführern, Stadtplänen und selbst aufgenommenen Fotos gestürzt, um mit Witz und Pfiff kräftig frischen Wind in die teilweise überstrapazierten Potsdam-Klischees zu pusten. Wenn Julia Brömsel Fotos altehrwürdiger Gebäude und zigmal reproduzierte Schlossfassaden kurzerhand auf den Kopf stellt, tut das dem Potsdamer Weltkulturerbe keinen Abbruch. Auch nicht, wenn die experimentierfreudige Künstlerin ihr kreatives Spiel so weit treibt, dass der Fontäne der Wasserspiele in Sanssouci eine Nase entspringt. Kräftige Farben und mit der Comic-Ästhetik liebäugelnde Gesichter und Figuren gehen bei Julia Brömsel ungeahnte Bindungen mit Potsdams Architekturen ein. Die mit Collagetechnik und Übermalungen manipulierten Potsdam-Veduten haben etwas von Vexierbildern, in denen sich der Betrachterblick ganz neu zurechtfinden muss. Der zum Teil mit Spiegelfolie, Glitzereffekten oder Alufolie kombinierte Potsdam-Potpourri von Julia Brömsel setzt auf kräftige optische Signale und überraschende Gags. Maria Wilkes feine Hintergründigkeit und Julia Brömsels plakativer Appeal bilden im „Kunstwerk“ einen markanten Kontrast.

Der Blickwinkel beider Künstlerinnen auf Potsdam hat viele Gesichter. Nicht zuletzt durch die monatelange Arbeit am Thema hat er sich immer weiter gestellt. Im Ergebnis sorgt „stadt(ge)sicht“ für ganz neue Potsdam-Perspektiven, räumt mit eingefahrenen Sichtweisen auf und bürstet sie sinnlich hintersinnig gegen den Strich.

Bis zum 12. Mai. Kunstwerk, Hermann-Elflein-Str. 10. Am 4. Mai um 15 Uhr gibt es ein Fest mit Musik von „Hand in Hand“ und Würstchen vom Grill .

Almut Andreae

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