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Wenn der Himmel aufs Wasser fällt. Rainer Gottemeiers Lichtinseln.

© promo

Stadt für eine Nacht: „Licht an“: Das Stolpern hat ein Ende

Am 30. Juni beginnt die 9. „Stadt für eine Nacht“.

Potsdam - Am besten, man macht es wie Birgit Katharine Seemann. Die Kulturamtsleiterin hat sich in dem 63-seitigen Programmheft „Stadt für eine Nacht“ ihre Favoriten mit Klebezetteln markiert. Keinesfalls möchte sie sich die „Kapelle der Erleuchtung“ des Rechenzentrums entgehen lassen, in der man sich für eine Nacht das Ja-Wort geben und der Kraft der Liebe und Kunst nachspüren kann. Auch die schwarzen Löcher des Potsdamer Künstlerkollektivs Xenorahma wird sie durchschreiten und selbst Teil der Lichtskulptur werden. Und das Straßentheater Arnold Bösewetters mit seinem Feuerwerk hohen Schwachsinns und tiefsinniger Schwafelei ist für sie ebenfalls ein Muss.

Sich durch die über 100 Programmpunkte zu manövrieren, bedarf also etwas Vorleistung. Es sei denn, man lässt sich einfach durch die Gassen dieser Stadt auf Zeit mit ihren 26 Raumhöhlen-Bewohnern treiben. Auch dafür ist diese einzigartige Nacht der richtige Ort. 25 000 bis 30 000 Besucher steuern sie jedes Jahr bei freiem Eintritt an, die meisten haben sich den 30. Juni schon lange im Kalender notiert. Diesmal heißt es wohl etwas selbstironisch „Licht an!“, nachdem die Schiffbauergasse ja lange als Ort der Finsternis gegeißelt wurde. Das Stolpern durch die Gasse hat inzwischen ein Ende: Bäume werden angestrahlt und künftig sollen auch die Kulturhäuser sowie die verbindenden Wege zwischen ihnen in Licht getaucht werden.

Am 30. Juni und 1. Juli gibt es jedenfalls Licht in allen Schattierungen. 160 000 Euro stellt die Stadt auch in diesem Jahr dafür bereit. Als der scheidende Intendant Tobias Wellemeyer vor neun Jahren die Idee für diese gemeinsame Nacht der kreativen Nachbarn hatte, ahnte niemand, dass es sich zum größten Kulturfestival der Stadt mausern würde. Das sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs auf der gestrigen Pressekonferenz im Glasfoyer des Theaters. „Ich schon“, warf Wellemeyer etwas spitzzüngig ein. Just in diesem Moment schipperte die „Harmonie“ auf dem Tiefen See vorbei. Für Wellemeyer, den Begründer dieser Nacht, ist es der letzte gemeinsame Auftritt seines Ensembles. 14 Programmpunkte steuern das Theater bei, darunter auf den Terrassen Moritz von Treuenfels und Marc Eisenschink mit „Rio Reiser unplugged“ sowie einer Lesung von Julia Schoch.

Für Wellemeyer ist dieses Fest mit den kleinen Gassen, Plätzen und Hütten besonders schön, wenn es dunkel wird. „Das ganze Areal ist dann eine große Lichtinstallation, wie in einem Märchen.“ Und es wird in jedem Fall Vollmond sein. Dafür sorgt der Potsdamer Lichtkünstler Rainer Gottemeier mit seiner schwimmenden Installation „Lichte Horizonte“: in Weiß getauchte zart-wolkige Gebilde aus 600 Kugeln und Neonstäben, die die sechs Seen der Region Schwielowsee nachbilden, ankern nun in der Schiffbauergasse. „Als wenn der Himmel aufs Wasser fällt“, sagt Gottemeier. Seine Lichtinseln mit eigens dafür komponierter Musik überdauern diese Nacht und leuchten vier Wochen über den Tiefen See. 

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