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Kultur: Sprachgewirr

Die Jüdischen Filmtage im Filmmuseum klangen aus

Nicola Galliner, die Leiterin des Jewish Film Festival, war sichtlich glücklich. Waren doch trotz brütender Sommerhitze und Fußball-EM-Auftakt eine ganze Menge Leute ins Kino gekommen. Denn am letzten Tag des diesjährigen Jüdischen Filmfestivals waren in Potsdam zwei wirklich bemerkenswerte und dabei ganz unterschiedliche israelische Produktionen der vergangenen Jahre zu sehen. Den Dokumentarfilm „A Hebrew Lesson“ aus dem Jahre 2006 kündigte Galliner gleich als Publikumsliebling des Festivals an.

Regisseur David Ofek begleitet darin eine Handvoll Menschen aus aller Herren Länder, die in Israel einen Hebräisch-Intensivkurs ein halbes Jahr lang besuchen, um sich mit dessen Hilfe besser in die israelische Gesellschaft zu integrieren. Diese Kurse gibt es seit der Staatsgründung 1948 und sie sind für jüdische Einwanderer kostenlos. Im Mittelpunkt des Filmes stehen der Russe Sascha, die Deutsche Annabel, die Chinesin Dong und die Peruanerin Marisol. Und natürlich die wunderbar lebenstüchtige Sprachlehrerin Yoela. „Man möchte sich gleich anmelden und mitmachen“, sagten Kinobesucher direkt nach der Vorführung. Denn obwohl die Protagonisten viele Schwierigkeiten haben, in der neuen Heimat Fuß zu fassen und ein Teil von ihnen wieder nach Hause zurückkehrt , war doch der Sprachunterricht mehr als vorbildhaft. Und wie sich die Kursleiterin in dem babylonischen Sprachgewirr zurecht finden, verständigen und immer wieder Brücken schlagen konnte, nötigte einem die allergrößte Hochachtung ab.

Darüber hinaus spiegelte die mehrfach preisgekrönte Dokumentation auch einige weniger bekannte Facetten des modernen Israel, wie zum Beispiel den Umgang mit illegalen chinesischen Gastarbeitern, deren tragische Schicksale ihre Landsmännin Dong filmisch zu dokumentieren versucht.

Anschließend war der Spielfilm „Made in Israel“ (2001) vom auch hierzulande bekannten Regisseur Ari Folman zu sehen. Erzählt wird eine ziemlich skurrile Geschichte „aus der nahen Zukunft“. Israel und Syrien haben ein Friedensabkommen geschlossen und im Zuge dessen wird der letzte deutsche Nazikriegsverbrecher Egon Schultz an Israel ausgeliefert. Das ruft sofort den israelischen Millionär Hoffman auf den Plan, der kein Vertrauen mehr in die eigene staatliche Justiz hat und stattdessen rivalisierende russische Kopfgeldjäger damit beauftragt, ihm den Nazi zur Selbstjustiz zuzuführen.

Mit bitterschwarzem Humor spiegelt Ari Folman die Geschichte und die Gegenwart seines Landes und seiner sehr komplexen Realität. Und legt dabei den Finger in einige offene Wunden. „Die Wahrheiten sind nicht so einfach“, musste auch der bekannte deutsche Schauspieler Jürgen Holtz erfahren, der sofort nach der Lektüre des Drehbuchs von Ari Folman zusagte, den Nazi Egon Schultz zu verkörpern. Jürgen Holtz war am Sonntagabend im Filmmuseum zu Gast und erzählte mit lockerem Tiefsinn von seinen Israelerfahrungen und vor allem von den Begegnungen mit wunderbaren Schauspielerkollegen und einem großartigen Regisseur.

Er bedauerte zutiefst, dass der eigenwillige und widerständige Film von Folman in Deutschland bisher nur wenig Resonanz gefunden hat. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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