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Kultur: Spott-Light-Hitparade

Dieter Hallervorden mit Programm zum 50-jährigen Bühnenjubiläum im Nikolaisaal

Bei der Schauspieleignungsprüfung musste er sich anhören: Abgelehnt! Mangels Begabung! Doch so schnell ließ sich der damals 23-Jährige nicht entmutigen. Ein zweiter Versuch führte ihn zu einer renommierten Privatlehrerin und 1960 gründete der aus Dessau stammende Dieter Herbst gemeinsam mit Kollegen in Westberlin das politisch-satirische Kabarett „Die Wühlmäuse“. Denn: die berühmten „Stachelschweine“ hatten ihn ebenfalls nicht in ihren Reihen haben wollen.

Der Erfolg gibt Dieter Hallervorden noch heute recht. Seit fünfzig Jahren steht er jetzt auf der Bühne und er ist einer der wenigen deutschen Komödianten, die den Spagat zwischen Nonsens, intelligentem Kabarett und scharfer Satire mühelos schaffen.

Am Mittwochabend war der vitale 72-Jährige mit seinem Programm „Stationen eines Komödianten“ im Potsdamer Nikolaisaal zu Gast. Auch hier spielte er vor total ausverkauftem Haus und sowohl Jugendliche in Jeans und Turnschuhen als auch ältere Herren in feinem Zwirn ließen sich von den unterschiedlichsten Ausschnitten der verschiedenen Stationen seiner wechselvollen Bühnenlaufbahn begeistern. Die Damen – schätzungsweise zwischen 25 und 75 – sowieso, auch wenn solche „mit SPD-Hintergrund und Doppel- und Dreifachnamen“ nicht gerade zu seinem „Lieblingspublikum“ zählen.

Für seine so ganz unterschiedlichen Fans hatte er sich eben solche Programmanfänge ausgedacht und denen der ersten Stunde versprach er auch: „Um elf seid Ihr wieder im Heim!“ Dann ging es ganz an den Anfang – die „Schauspielprüfung“ mit der Rolle des Dichters Rattengift aus Christian Dietrich Grabbes Komödie „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“ – um dann nach zwei rasanten Stunden bei Filmausschnitten aus der ARD–Fernsehgala anlässlich seines 70. Geburtstages – zu landen. Jedes Mal mit fliegendem Kostümwechsel und selbst kein bisschen aus der Puste. Doch das chronologische Switchen zwischen den ganz unterschiedlichen Facetten seines Komödiantentums ist dann wirklich vor allem für Insider gemacht, die die Pointen und die Hintergründe schon lange kennen und sich am schillernden Erinnerungsfeuerwerk „aktiv“ beteiligen können. Riesenbeifall für die Filmeinspielung von Vivaldis „Winter“, die überaus verdruckste „Aufklärungsszene“ zwischen Vater und 42-jährigem Sohn und der Saal tobte, als „Herr“ Backe seinem Stammtischkumpel (Harald Effenberg) die Kuschelattacken seiner Ehefrau beschreibt. Mit seinem Partner Harald Effenberg verbindet Hallervorden ebenfalls eine langjährige und überaus fruchtbare Arbeitsbeziehung. Unzählige gemeinsame „Spott-Light-Szenen“ als auch Partnerschaften in den Boulevard-komödien „Dinner für Spinner“ und „Nervensäge“ zeugen davon. Und auch während der Jubiläumsshow war zu spüren, dass sie wunderbar zusammenpassen und sich bestens ergänzen.

Neben allem Geblödel – „Palim palim“, die „Kuh Elsa“ und der „Die Wanne ist voll“ - Song durften natürlich nicht fehlen – gab es auch immer wieder scharfsinnige und klarsichtige Anspielungen auf des politische Hier und Jetzt. Egal, ob sich dabei um die Szene „Lohnerhöhung“ oder „Spott-Light-Spitzen“ handelte. Die Sendung, die Traumeinschaltquoten hatte, wurde 2003 – nicht zuletzt wegen des Protests von mehreren Parteien, der katholischen Kirche, der DeutschenBank und auch einer Klage der NPD – eingestellt. Doch auch das sowie vernichtende Kritiken für „Nonstop-Nonsens“ schafften es nicht, das Phänomen Hallervorden zu stoppen. Telestar 1996, Deutscher Comedypreis 2003 und die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt sind nur einige Beispiele für die Anerkennung seines Könnens und seines Engagements. Und auch in Potsdam gab er seinen Fans das „Ein Narr gibt nie auf“–Versprechen mit auf den Nachhauseweg.

Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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