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Kultur: Spielen, um nicht zu verzweifeln

Premiere von „Danny, König aus dem Keller“

Premiere von „Danny, König aus dem Keller“ Umzugskartons sind bis unter die Decke gestapelt: So präsentierte sich gestern morgen das Foyer der Reithalle A. Ist etwa das neue Theater schon fertig? Nein, die vielen Kartons (Ausstattung: Ulv Jakobsen) haben mit der bevorstehenden Premiere zu tun. Denn der Junge Danny (Peter Wagner) zieht mal wieder um, genauer gesagt das achte Mal in zwei Jahren. Bei Nacht und Nebel schleichen er und seine Mutter Luise (Katja Amberger) mit zwei Koffern und einem vollgepackten Einkaufswagen, auf dem ein großer grüner Frosch sitzt, aus dem Haus. Bloß weg vom Lebenspartner der Mutter, der sich „nicht immer wie ein Märchenprinz benommen hat...“ Sie landen in der Zeppelinstraße 93 K – K wie Keller – und dort begegnet Danny der arroganten Ballettschülerin Penelope (Caroline Lux) und dem erfolglosen Eishockeyspieler Angelo (Sebastian Wirnitzer). Und die sind auch nicht gerade mit fürsorglichen und verständnisvollen Eltern gesegnet. Fünf Millionen Arbeitslose, Hartz IV und Kinderarmut – tagtäglich wird das Elend in den Medien breit gewalzt. Und nun ein Stück über Arbeitslosigkeit und Armut, für Zuschauer ab 8 Jahren am HOT? Vorab gesagt, es ist eine Gratwanderung, aber eine sehr spannende und der Sozialkitsch bleibt außen vor. Denn die temporeiche, dabei genaue und einfühlsame Inszenierung von Yüksel Yolcu holt diese drei Kinder aus der namenlosen Masse heraus. Das gelingt durch starke Bilder und einer berührenden Innensicht, bei der die Musik (Live-Percussion: Mehmet Sayar und eingespielte Klaviermusik von Yann Tiersen ) mehr sagt als tausend Worte. Die Inszenierung bleibt immer spielerisch. Nicht nur, weil Danny die ganze Zeit spielt, sondern weil das Elend nicht breit ausgemalt wird, oft nur aufscheint, aber das um so eindringlicher. Die jungen Premierenzuschauer ließen sich begeistern vom rasanten improvisierten Eishockeyspiel, von der „Gehirnoperation“ mit Säge und Schweißgerät, bei der der böse Gedanke von Angelo – „der hört sich an wie mein Vater“ – spielend entfernt wird und nicht zuletzt von Pennys völlig verzweifeltem Versuch, ihre Eltern wenigstens wieder per Handy zusammenzubringen. Die Kinder erkannten sich in den Figuren, echt ätzend die „Supertussi Penny“, echt bedauernswert der ewige „Looser Angelo“ und echt liebenswert der kleine große „Umzugskönig“, der mit seiner Mutter – sehr gut getroffen als „Luise“ – tapfer jedem Schicksalsschlag die Stirn bietet. Auch als er gar nicht mehr weiter weiß und selbst Spielen nicht mehr hilft. Spätestens dann haben die Erwachsenen auf der Bühne und im Zuschauerraum begriffen, dass er noch ein Kind ist, ein sehr starkes zwar und das Kinder, neben guten Freunden und einem annehmbaren Zuhause, vor allem Eltern brauchen. Und das Eltern trotz allen Elends spielen sollten, auch um die eigene Verzweiflung wenigstens manchmal zu vergessen. Nach anderthalb Stunden stürmischer Beifall, Trampeln und Bravorufe. Astrid Priebs-Tröger Am kommenden Sonntag, 25.9., findet um 15 Uhr eine Familienvorstellung in der Reithalle A statt.

Astrid Priebs-Tröger

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