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In Bewegung. In der Schiffbauergasse tut sich 2018 einiges. Intendant Tobias Wellemeyer verlässt nach neun Jahren das Hans Otto Theater, seine Nachfolgerin Bettina Jahnke ist die erste Frau auf dem Posten seit 60 Jahren. Das Waschhaus sucht einen neuen Geschäftsführer, und das im T-Werk beheimatete Festival Unidram feiert 25. Geburtstag.

© Andreas Klaer

Kultur: Spekulativer Spaziergang

Keiner kennt die Zukunft, das ist das Schöne an ihr. Dennoch: Diese Kulturthemen werden Potsdam 2018 bestimmt beschäftigen

Es stimmt schon: Keiner weiß, was das gerade begonnene Jahr für uns bringen wird. Das ist das Schöne an diesen Tagen im frühen Januar. Alles ist offen, alles möglich. Und doch lässt sich mit Blick auf Potsdams Kultur schon jetzt sagen: Es wird ein besonderes Jahr. Zwei große Kultureinrichtungen erhalten neue künstlerische Leitungen, ein Potsdamer Museum ist im Umbau, ein junges Festival wird ein Vierteljahrhundert alt. Anlässe genug für einen spekulativen Spaziergang durch die potenziellen Hingucker des Jahres 2018.

Januar: Rechenzentrum und Waschhaus

Wie weiter mit Potsdams Kunst- und Kreativszene, wenn das Rechenzentrum 2023 geräumt werden muss? Diese Frage wird Potsdam das ganze Jahr hindurch und darüber hinaus begleiten. Wegweisende Schritte könnten die drei Szenario-Workshops sein, die bis Ende Februar stattfinden – der erste bereits am 11. Januar. Kulturschaffende sprechen dort mit Vertretern der Stiftung Garnisonkirche und Vertretern der Politik. Ziel ist zunächst die Klärung der „Rahmenbedingungen und Bedarfe für die Kunst- und Kreativwirtschaft in Potsdams Mitte“. Immerhin.

Eine Suche anderer Art treibt im Januar das Waschhaus um. Nachdem der Vertrag von Siegfried Dittler Anfang Dezember überraschend nicht verlängert worden war, sucht das große Veranstaltungshaus in der Schiffbauergasse einen neuen Geschäftsführer. Ende Januar soll die Stelle offiziell ausgeschrieben werden.

Februar: Julia Schoch und Max Beckmann

Am 1. Februar erscheint der neue Roman der preisgekrönten Potsdamer Autorin Julia Schoch – und in der Villa Quandt stellt sie ihn vor: „Schöne Seelen und Komplizen“. Warum ein Hingucker? Weil ein Protagonist Potsdam ist. Weil der Roman die Frage stellt, was aus den Menschen und ihren Träumen der Wendezeit 30 Jahre danach geworden ist – und die Frage weiterreicht, an die Leser, an Potsdam.

Noch ein Grund zur Vorfreude ist die neue Ausstellung „Max Beckmann. Welttheater“, die am 24. Februar im Museum Barberini eröffnet wird. Expressionismus von Weltrang, mit thematischem Bezug zum Theater: Was will man mehr.

März: Die Salonkultur kehrt zurück

„Die Welt braucht Salons, braucht Gedankenaustausch, braucht Ideen“, sagt Mike Gessner vom Kunstraum Potsdam. Ab März bietet er einmal im Monat die Plattform für eine Zusammenkunft von Musikern, Dichtern und bildenden Künstlern, die das Weltgeschehen diskutieren wollen.

April: Potsdams erster Gastkurator

Potsdam hat sich 2017 einen Gastkurator geschenkt, den höchstdotierten Kunstpreis, den die Stadt je vergeben hat. Auserwählter ist der nigerianische Künstler Folakunle Oshun. Im Rahmen einer Residenz von insgesamt zwei Jahren will er den Potsdamern in die Seele schauen. Im Frühjahr wird er im Pavillon auf der Freundschaftsinsel in einer Werkstattschau zeigen, was er dort gefunden hat.

Mai: 150 tanzen bei den Tanztagen

Die Potsdamer Tanztage wagten schon 2017 den Schritt ins Stadtgebiet, 2018 soll das wieder so sein. Auch wieder im Rahmen eines „Prologs“ im Vorfeld des Festivals (29. Mai bis 10. Juni). Spektakulär neu in diesem Jahr: 150 Laientänzer wurden gesucht. Am 26. und 27. Mai sind sie eingeladen, unter der Ägide des kanadischen Choreografen Sylvain Émard den Lustgarten zu betanzen. Titel: „Le Grand Continental“.

Juni: Zwei Abschiede und ein Special Guest

Am 8. Juni hat mit „Effi Briest“ in der Regie von Christian von Treskow die letzte Inszenierung der Ära Tobias Wellemeyer am Hans Otto Theater Premiere. Die letzte Inszenierung des Intendanten selbst ist im Mai Shakespeares „Sturm“ – was, vielleicht, auch als Kommentar auf die unsanfte Art und Weise gelesen werden kann, wie die Stadt ihn gehen ließ?

Vom 8. bis 24. Juni steht noch ein Schlussakt an: Andrea Palent leitet das letzte Mal die von ihr 1991 neu gegründeten Musikfestspiele Potsdam Sanssouci – unter dem Titel „Europa“. Zwei gute Gründe, 2018 besonders gespannt zu sein.

Potsdams Literaturfestival Lit:Potsdam (13. bis 17. Juni) wartet in diesem Jahr mit einem ganz besonderen Writer in Residence auf: dem israelische Autor und Friedensaktivist David Großman. 2017 gewann er den renommierten Booker-Preis.

Juli: Eine Dauerausstellung schließt

Das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte soll im Laufe der kommenden Jahre zum Education Center werden. Ab Juli 2018 bereits schließt die bestehende Dauerausstellung „Land und Leute“ im Erdgeschoss des Kutschstalls ihre Türen. Das historische Stadtmodell bleibt jedoch zugänglich und soll ab August zum Ausgangspunkt für eine temporäre Ausstellung zu Vergangenheit und Zukunft des Kutschstalls werden.

August: Ein Event speckt ab

Kleiner und billiger, dafür an zwei Tagen – so präsentiert sich 2018 die abgespeckte Schlössernacht. Trauriger Rest oder richtiger Neuanfang für das Großereignis? Der 17. und 18. August werden es zeigen.

September: Zwei Neuanfänge, eine Schau

Der September ist der Monate der beiden großen Neuanfänge, die Potsdams Kulturleben für die nächsten Jahre wesentlich mitformen werden. Am Hans Otto Theater beginnt Bettina Jahnke ihre Intendanz – als erste Frau auf diesem Posten seit 1957. Das ist an sich eine bemerkenswerte, begrüßenswerte Sache. Zudem hat Jahnke Vorhaben verlauten lassen, die neugierig machen: das Theater in Richtung Stadt öffnen, junge Autoren ans Haus binden, Volkstheater im Sinne ihres Mentors Christoph Schrodt, der das Cottbuser Theater zu einem Publikumsmagnet machte.

Am 1. September übernimmt die Starflötistin Dorothee Oberlinger die künstlerische Leitung der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Der zweite große Neuanfang in Potsdam. Auch Oberlinger hat viel vor: das Nebeneinander verschiedener Künste, neue Orte, neue Formate. Ihr erstes eigenes Programm stellt sie 2019 vor.

Vom 29. September 2018 bis 27. Januar 2019 sorgt das Potsdam Museum mit einer Ausstellung zu einem wichtigen, bisher wenig untersuchten Kapitel Potsdamer Stadtgeschichte für einen Hingucker: „Umkämpfte Wege der Moderne“ beleuchtet anhand des Malers Wilhelm Schmid die Zeit zwischen 1918 und 1945.

Oktober: Ein Festival wird 25

Potsdams beständigstes Festival, das zudem die Jugend im Namen trägt, wird ein Vierteljahrhundert! Unidram hat die Feierlichkeiten dafür schon im Februar begonnen und monatlich für Hingucker gesorgt. Die 25. Festivalausgabe im T-Werk (30.10. bis 3.11.) liefert mit mehr als 80 Künstlern den gebührenden Abschluss.

November: Monat der Opernfreunde

Die Winteroper, Potsdams Trostpflaster für alle Musiktheaterliebhaber, soll es auch 2018 geben – das hat Bettina Jahnke bereits angekündigt. Aber wie wird die erste unter der neuen Intendantin?

Dezember: Der Mann im Hintergrund geht

Ende Dezember geht einer von Potsdams sichtbarsten Unsichtbaren in den Ruhestand: Volkmar Raback, Geschäftsführer des Hans Otto Theaters seit 1993. Fünf Intendanten wird er dann in Potsdam erlebt haben. Wie sehr er als Mann im Hintergrund das Theater prägte, wird man erst sehen, wenn er die Geschäfte an seinen Nachfolger übergeben hat.

Das wäre dann ein erstes Thema für 2019 – neben Theodor Fontane. Aber alles zu seiner Zeit.

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