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Anschmiegsam, cool und sehr sinnlich. Tokunbo Akinro verführte mit weichem Tanz, trägem Augenaufschlag und dunkler Stimme.

© Andreas Klaer

Kultur: Soul und Energie

Abschiedskonzert der Acoustic-Soul-Band TOK TOK TOK im Nikolaisaal

Mit stehenden Ovationen verabschiedete das Potsdamer Publikum die Acoustic-Soul-Band TOK TOK TOK am Freitagabend im nahezu ausverkauften Nikolaisaal. Das Publikum bedankte sich für ein gelungenes Konzert und für fünfzehn Jahre spannende musikalische Entwicklung. Aber auch das Bedauern um das bevorstehende Auseinandergehen von Sängerin Tokunbo Akinro, Saxophonist Morten Klein und deren Band kam in dem stürmenden Beifall zum Ausdruck.

Zehn Studioalben, zwei Livealben, eine Live-DVD, ein Best-Of-Album, fünf German Jazz Awards, der Grand Prix Sacem 2005 – die Liste des Erfolgs könnte kaum länger sein. Doch die beiden Musiker ziehen nach langer Zusammenarbeit einen Schlussstrich, vielleicht auch um neue Wege zu gehen. Verständlich, dass das Potsdamer Konzert mit besonders viel Engagement und Hingabe gelang. So ein Abschied sollte schließlich besonders schön in Erinnerung bleiben.

Unterstützt wurde die Band vom Deutschen Filmorchester Babelsberg, das unter der Leitung von Enrique Ugarte mit dessen symphonischen Arrangements von Songs wie „Fascinating Rhythm“, „Summertime“ oder „It Ain’t Necessarily So“ aus dem Album „Gershwin With Strings“ eine Titelauswahl abrundete, die diesen Abend durch die Geschichte der Band führte. Es zeigte sich, dass Tokunbo Akinro mal zart und anschmiegsam sein konnte, aber auch cool, tough oder sehr, sehr sinnlich. Der von Gershwin arrangierte Jazz der 50er Jahre gelang ihr genauso überzeugend, wie die soulige Rotzgöre in „Toxido Junction“, einem Song über eine Bar mitten im australischen Outback, geführt von einer Frau, und Dreh- und Angelpunkt für Dramen und andere Geschichten, die das Leben schreibt.

Ihr Kleid, auberginefarben, glänzend, ihre langen Beine umspielend und im Nacken zusammengehalten, verführte zum Schauen. Ihr weicher Tanz im Dialog mit Schlagzeug oder Saxophon, ihr träger Augenaufschlag, ihr etwas verwaschenes Englisch und ihre dunkle Stimme, die vor allem bei „Summertime“ oder „Spooky“ besondere Wirkung zeigten, das alles zeugte von besonders viel weiblichem Sexappeal. Kein Wunder, dass Enrique Ugarte, der Dirigent und Arrangeur, dessen musikalische Bandbreite Oper und Sinfonik ebenso umfasst, wie Jazz-und Pop-Produktionen, während der Orchesterpausen auf seinem kleinen Podest stand und fasziniert der großen, schlanken Tokunbo Akinro beim Tanzen zusah.

Morten Klein, der Saxophonist, Gitarrist und Texter hatte trotz der Eleganz und Präsenz seiner Partnerin kein Problem, sich ebenbürtig in den Mittelpunkt des Abends zu stellen. Für launige Wortbeiträge – „Bei Marilyn Monroe musste ich spontan an mich denken“ – oder Saxophonsoli, die mal ausgespielt und intensiv, mal schnell, verkürzt und wie hingeworfen schienen, bekam er immer wieder verdient Applaus. Auch die Bandkollegen, Christian Flohr am Bass, Heinz Lichius am Schlagzeug und vor allem der blinde Jens Gebel am Fender Rhodes, einem elektromechanischen Piano, überzeugten die Fans mit ihrer Darbietung.

Mal glocken-, mal orgelähnlich, sogar solo während des Intros von „Spooky“ , einem erwachsen gewordenen Song aus den Anfangsjahren von TOK TOK TOK, faszinierte Jens Gebel an seinem facettenreichen Instrument. Sicher war auch der kleine Sohn Tim stolz auf den Papa dort oben auf der Bühne. Für den so tapfer aushaltenden Nachwuchs gab es dann schließlich sogar ein Schlaflied, für das die gesamte Bühne in schimmerndes bronzefarbenes Licht getaucht wurde. Hier blieb Sängerin Tokunbo Akinro überraschend brav und zurückhaltend.

Sollte das Publikum die Formation so in Erinnerung behalten? Auf keinen Fall! Selbstverständlich hatten die Musiker noch eine allerletzte Zugabe im Ärmel, die mit so viel Soul und Energie aufgeladen war, dass man neugierig werden musste auf den zukünftigen Weg der jungen Musikerin mit den deutsch-nigerianischen Wurzeln und dem Saxophonisten, dessen erste Muttersprache übrigens Dänisch ist.

Andrea Schneider

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