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Kultur: So klingen 500 Jahre Reformation Lesung und Konzert der KAP im Nikolaisaal

500 Jahre Reformation und Musik, Botschaft und Klang, gehören untrennbar zusammen – genauso wie für die Kammerakademie Potsdam (KAP). Für ihr Sinfoniekonzert am Samstag im Nikolaisaal wählte sie vor allem Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy.

500 Jahre Reformation und Musik, Botschaft und Klang, gehören untrennbar zusammen – genauso wie für die Kammerakademie Potsdam (KAP). Für ihr Sinfoniekonzert am Samstag im Nikolaisaal wählte sie vor allem Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy. Da der Komponist auch eine Reformationssinfonie schrieb, kam sie dem Potsdamer Orchester und seinem Chefdirigenten Antonello Manacorda innerhalb ihres aktuellen Mendelssohn-Projekts zupass.

Ins Boot holte man sich Katja Riemann, die mit literarischen Beiträgen zum Nach- und Weiterdenken beitrug (Auswahl: Christian Dunker). Zunächst las sie mit Vehemenz aus dem 2016 erschienenen Roman „Das Reich Gottes“ des Franzosen Emmanuel Carrére. Darin begibt sich der Schriftsteller auf die Fährte des Apostels Paulus. Anschließend musizierte die Kammerakademie die Ouvertüre zu dem Oratorium „Paulus“. Wie in der Reformationssinfonie fand auch in diesem Werk ein lichtvoller Choral Eingang: Philipp Spittas „Wachet auf, ruft uns die Stimme“. Die strenge barocke Form, die der Mendelssohn so imponierend beherrschte, kommt hier zur Geltung, doch auch die Dramatik der inneren Verwandlung des Saulus zum Paulus. Diese Akzente werden von Manacorda und dem Orchester mit warmherziger und engagierter Anteilnahme vorgetragen, wobei das Tempo den Mendelssohn'schen Vorstellungen entsprach.

Bevor die „Musica apassionata“ des Letten Peteris Vasks erklang, las Katja Riemann einen Auszug aus dem sprachmächtigen Roman „Evangelio“, in dem der aus der Türkei stammende Kieler Schriftsteller Feridoun Zaimoglu von dem „schäumenden, aufbrausenden Luther“ auf der Wartburg erzählt. Doch leider wollte sich der Inhalt in den wenigen Vortrags-Minuten nicht ganz erschließen. Peteris Vasks Orchesterstück für Streicher (2002) gestaltete sich dagegen zu einem aufwühlenden Hör-Ereignis. Von unruhig-bedrohlichen über klagende Phasen bis zu stillen Gebetsmomenten und hoffnungsvoller Lebensbejahung hat Vasks eine Musik geschreiben, die manchmal an den Polen Krzysztof Penderecki oder an den Esten Arvo Pärt erinnert. Sie erzeugte bei den Zuhörern eine tiefe innere Spannung, die auch dann bieb, als der letzte Ton verklang. Längere Zeit verharrten die Besucher still, ohne dass sich eine Hand rührte. Dies ist wohl die beste Zustimmung für ein Werk und für die Interpreten, denn die Musiker haben sich der Apassionata mit wunderbarer Klangkultur und fast meditativer Anteilnahme angenommen.

Mendelssohns 5. Sinfonie, die Reformations-Sinfonie, erklang zum Finale. Zuvor las unaufgeregt Katja Riemann Lessings bedeutende Ringparabel aus „Nathan der Weise“, dessen Titelgestalt an Moses Mendelssohn, den Großvater von Felix, erinnert. Mendelssohns Sinfonie, in der der Luther-Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ im vierten Satz bestimmend wird, erzählt von der Glaubensüberzeugung Mendelssohns, der vom Juden- zum Christentum konvertierte. Manacorda machte dabei ihre nicht immer triumphale Geschichte hörbar. Bei ihm klangen die protestantischen „Wehr und Waffen“ gedämpfter. Natürlich wurde nicht auf eine energiegeladene Deklamation verzichtet, doch vor allem gab es ein feinfühliges Hineinhören in die Sinfonie. K. Büstrin

K. Büstrin

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