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Der in München geborene Andreas Martin Hofmeir ist nicht nur ein Tuba-Virtuose von Rang, sondern auch Buchautor und Musikkabarettist.

© promo

Silvesterkonzert im Nikolaisaal: Tiefenrausch mit Tuba-Star

Multitalent Andreas Martin Hofmeir brilliert bei dem sehr gut besuchten Silvesterkonzert der Kammerakademie im Nikolaisaal.

Potsdam - Welche Musik ist eigentlich am besten geeignet, den Jahreswechsel angemessen zu begleiten? Klänge, die einfach nur Spaß bereiten und Unterhaltung verbreiten wollen? Doch traditionell erklingt zu Silvester oft Ludwig van Beethovens „Neunte“ mit ihren Hoffnungen auf bessere Zeiten („Alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt“). Warum den Weg der guten Vorsätze für ein kommendes Jahr nicht mit einem Mix aus beiden Möglichkeiten pflastern? Sagte sich die Kammerakademie Potsdam und stürzte sich, so der Programmtitel ihres Silvesterkonzerts im proppevollen Nikolaisaal, in einen verheißungsvollen „Tiefenrausch“. Und engagierte dafür, schließlich kann man zu Silvester mal was riskieren, das in München geborene Multitalent Andreas Martin Hofmeir.

Ein Tuba-Virtuose von Rang (Professor am Salzburger Mozarteum) und Namen (begehrter Solist bei namhaften Orchestern), witziger Buchautor und musikkabarettistischer Allrounder. „Tubist wird man, weil man für ein anspruchsvolles Instrument einfach keinen Ehrgeiz hat“, so eine seiner diesbezüglichen Buch-Erkenntnisse, die stets in ein Loblied auf sein Instrument gipfeln: Die Tuba sei „eine aufgeblasene Trompete“ und „der letzte Schrei der Evolution“. Sie ist das tiefste Metallblasinstrument, bildet das Fundament eines jeden Orchesters, besitzt drei bis sechs Ventile und mit ihr ist alles möglich: Sie klingt gut, sieht gut aus und ist immer in Stimmung. Erfunden wurde sie anno 1835 in Berlin, als der Königliche Hofinstrumentenbauer Johann Gottfried Moritz und der Militärkapellmeister Wilhelm Wieprech ein Patent über eine „Chromatische Baß-Tuba“ einreichten.

Im tubaistischen Tiefenrausch

Doch zunächst spielt die Streicherbesetzung der Kammerakademie Kanon und Gigue D-Dur von Johann Pachelbel, wobei Celli und Kontrabässe das nötige Fundament liefern, auf dem sich unter konzertmeisterlicher Anleitung (Suyeon Kang) das formstrenge und klare Geigenspiel präzise wie ein gleichmäßig laufender Motor abspulen kann, ehe sich die draufgängerische Tanzepisode anschließt. Dann betritt der barfüßige Solist mit seinem schwergewichtigen Blasgerät die Bühne, plaudert witzig, anekdotenreich und sehr weitschweifig durch die Musikgeschichte, trägt eigene Gedichte über – nein, nicht die Tuba – sondern die Oboe vor, um die Überleitung zum barocken Oboenkonzert von Tomaso Albinoni zu schaffen, wobei der Solopart nunmehr von der Tuba geblasen wird. 

Doch im Zusammenklang mit den Streichern zeigen sich eklatante Differenzen und klangliche Turbulenzen, denn die Zartheit und Innigkeit des Oboenklangs kann die Tuba, obwohl weich und gefällig geblasen, nicht liefern. Himmel und Hölle passen eben nicht zueinander. So auch beim zum Schluss gespielten „Csárdás“-Schmachtfetzen des Vittoria Monti, bei dem die ursprüngliche Geigensaitenakrobatik total im tubaistischen Tiefenrausch untergegangen ist.

Dynamisch differenziert

Ganz anders dagegen ein „richtiges“ Tuba-Konzert des norwegischen Komponisten und Fagottisten Arild Plau (1920-2005), das sich durch eine in sich stimmige, klare und schlichte Tonsprache auszeichnet, die – dynamisch differenziert – speziell für die Blastechnik des Soloinstruments geschrieben ist. Im Prolog wechseln gestoßene Töne mit trillerreichen Passagen. Im Canzone-Satz verbreitet sich swingende Innigkeit, klangschwelgende Sehnsucht und aufbrausende Direktheit. Im Finale – das von Prokofjewschen Einfällen geprägt erscheint – geht es rhythmisch akzentuiert und überaus virtuos zu. 

Für Andreas Martin Hofmeir maßgeschneidert zeigen sich die Reisenotizen für Tuba und Streichorchester „Matkalla“ (Unterwegs) des bayerischen Kirchenmusikers und Liebhabers finnischer Musik und Kultur, Jörg Duda (geb. 1968). Nordisches Flair mit Griegschen Zutaten unter Verwendung von zwei finnischen Tangos zeichnet das Werk aus, das vom Solisten Feinfühligkeit und schier atemberaubende Virtuosität verlangt. Anforderungen, die Hofmeir mühelos erfüllt, sodass der Zuhörer die besten Eindrücke von einer weitläufigen, melodiös geprägten Landschaft erhält. Nicht weniger bravourös zeigt sich das Streicherensemble in seinen solistischen Beiträgen: dem rhythmisch pointierten „Libertango“ von Astor Piazzolla und dem wilden „Hie Down“-Werbungstanz der Männer aus dem Ballett „Rodeo“ von Aaron Copland. 

Peter Buske

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