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Serie: Potsdams Gärten: Die unerschöpflichen Blumen

Für unsere Sommerserie besuchen wir POTSDAMS GÄRTEN und Parks Heute: Zu Besuch bei Flemings in Bornstedt, die aus ihrem Garten ein Kunstwerk gemacht haben und in ihm Künste pflegen.

Bei Flemings muss man den Kopf einziehen, bevor man den Garten betritt. Es könnte sonst passieren, dass sich der Besucher am Wacholder stößt, der sich anscheinend als natürliche Pforte fühlt. Die Belohnung folgt auf dem Fuß, denn plötzlich befindet man sich in einem Gartenraum, der von seltener Schönheit ist. Ja, vor solch einem Garten darf man sich verbeugen, meint wohl auch der Wacholder. Von außen, von der Straße her, vermutet man kaum, dass sich hinter dem Zaun ein ganz eigener Gartenkosmos von rund 2500 Quadratmetern befindet. Doch Flemings schotten sich nicht ab. Sie freuen sich, wenn Besucher in ihr Gartenreich kommen, vor allem während der Urania- Kampagne „Offene Gärten“. Dann strömen mehrere Hunderte Gartenliebhaber in das Refugium.

Der Spaziergang dorthin ist bereits ein Fest des Sehens. Vorbei an Sanssoucis Schlössern und Parkanlagen, am geschichtsträchtigen Bornstedter Friedhof, an privaten Gärten mit den persönlichen Kreationen der Besitzer erreicht man das Grundstück von Evelyn und Christian Fleming. In den Augustwochen ist es hier, wie in fast allen Gärten, eher still. Urlaubsmonat. Auch die Gärtnerin und der Gärtner können etwas müßig sein. Es gibt jetzt nichts zu pflanzen, höchstens Unkraut zu jäten und den Boden vom vielen Regen etwas zu lockern. Es ist die Zeit, sich im Garten zu entspannen. „Jeden Tag trinken wir in den Nachmittagsstunden unseren Tee im Garten. Es ist wohltuend, dabei das Farbenspiel der Blumen, die Sträucher, die Bäume, das wechselnde Licht zu beobachten“, sagt Edith Doernbrack, die Dritte hier im Bunde. Sie ist die Mutter von Evelyn Fleming und hat auf dem Grundstück ihr Domizil.

Im Jahre 1977 erfuhren Evelyn, die damals noch Lehrerin an der Karl-Foerster-Schule war, und Christian Fleming, der an der Hochschule Burg Giebichenstein Halle sein Kunst- und Designstudium gerade beendete und in die Freiberuflichkeit ging, dass in Bornstedt ein Grundstück zu verkaufen war. In dem von alten Obstbäumen und Beerensträuchern bevölkerten Areal machte sich viel Wildwuchs breit. Nach dem Kauf der Immobilie haben die Flemings zunächst das Haus des Obstbauers wieder bewohnbar gemacht. Dann ging es an die Gestaltung des Areals. Man war sich einig, dass aus ihm ein Garten mit Räumen und Sichtachsen entstehen soll.

Nuss- und Pflaumenbäume, Boskop oder der Ananasapfel bekamen neue Nachbarn. In den gut 35 Jahren sind aus den gepflanzten Bäumchen – Eiben, Weymoutskiefer, Essigbaum, Kornelkirsche oder Colorado-Tanne – stattliche Gestalten geworden. Gemeinsam mit Weigelien, Deutzien, Flieder, Rosen oder Rhododendren bilden sie große und kleine Räume, vor denen sich ein Ausschnitt der fast unübersehbaren Welt der Stauden ausbreitet. Alles wohl überlegt, damit die Blüten-Farbpalette nicht ausufert. „Rosa, Blau und Weiß bevorzugen wir“, sagt Evelyn Fleming. Immergrüne Bodendecker bilden das ganze Jahr hindurch eine geschlossene Pflanzendecke und unterdrücken das Unkraut. Hermann Göritz, der bedeutende Landschaftsgestalter, Nachbar und Inspirator der Flemings in Sachen Gartengestaltung, hat immer wieder auf die Vorzüge von Bodendeckern hingewiesen. „Auch zu viele Wege fand Göritz für den Garten eher unpassend. Man sollte ihn über den Rasen begehen können“, erzählt Edith Doernbrack.

An diesem Vormittag, wie auch bei den Potsdamer Tagen der offenen Ateliers, ist die Tür zum Atelier von Christian Fleming weit geöffnet. Neben Landschaftsaquarellen findet man in ihm Blumenbilder, inspiriert durch das intensive Erleben der Pflanzenwelt im eigenen Garten. Atmosphärisch dichte Aquarelle sind entstanden, fern jeglicher Dekorationsmalerei. Die vielen Nuancierungen, die er den Pflanzen in seiner Kunst zukommen lässt, machen die Bilder lebendig. Auch Evelyn ist, wenn die Zeit es erlaubt, mit Aquarellfarben zugange und bringt die Schönheit der Blumenwelt anderen ins Bewusstsein – ebenfalls auf Bildern, aber ihre floralen Motive finden sich auch auf der von ihr selbst erschaffenen Keramik.

Noch eine weitere Künstlerin gibt es in der Familie: Tochter Flavia. Sie ist zwar in Bornstedt real gerade nicht anwesend, aber beim Kaffeetrinken mit dem Geschirr von Villeroy & Boch schon. Flavia, die als erfolgreiche Porzellandekor-Designerin in Zürich arbeitet und lebt, fängt den Garten der Eltern in ihrer Kunst ein. Hin und wieder ist sie dort anzutreffen und skizziert mit Aquarellfarben ihre Lieblingsblumen. So findet man die rosafarbene Cosmea und Malve beispielsweise als zart-luftiges Dekor auf dem Kaffeegeschirr „Mariefleur“.

„Blumen sind eben unerschöpflich, da stößt man nie an eine Grenze“, sagt Evelyn Fleming und überlegt, was heute Nachmittag im Garten eigentlich zu tun wäre. „Dabei arbeiten wir nicht, wir lustgärtnern.“

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