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Kultur: Schwerenöter und gehörnte Ehemänner

Theatergruppe Muckefuck zeigt „Die lustigen Weiber von Windsor“ im Alten Rathaus

Ein verängstigter Fettwanst krabbelt auf allen Vieren in einen riesigen Wäschekorb. Wenig später verhilft ihm nur eine Verkleidung in Frauenkleidern zur Flucht in letzter Sekunde. Vor einem vor Eifersucht rasenden Ehemann, der ihn dabei noch kräftig verprügelt. Zu guter Letzt findet er sich zu einem Stelldichein um Mitternacht in einem Wald wieder, um dann vor lauter Angst vor übernatürlichen Wesen ausschließlich Blut und Wasser zu schwitzen. Shakespeare-Kenner und Opernfreunde werden den berühmten Schwerenöter längst erkannt haben: Sir John Falstaff, den dicken Ritter aus den „Lustigen Weibern von Windsor“. Jener Shakespeare-Komödie, die angeblich auf Anweisung von Königin Elisabeth binnen vierzehn Tagen verfasst wurde, um den beliebten Fettwanst aus „Heinrich IV.“ in der Rolle eines Liebhabers zu erleben.

Diese – allerdings mit ziemlich heißer Nadel gestrickte literarische Vorlage brachten am Dienstag ein gutes Dutzend Schüler des Espengrund-Gymnasiums im Alten Rathaus zur umjubelten Premiere. Anfangs fragte man sich schon, was angehende Abiturienten dazu veranlasst haben könnte, ausgerechnet diese Wahl zu treffen. Fachlehrerin für Darstellendes Spiel und Spielleiterin Elke Gerth berichtete nicht ohne Stolz, dass die Jugendlichen dabei aus völlig eigenem Antrieb handelten und weder für einen Krimi noch für einen antiken Stoff zu begeistern waren.

„Die lustigen Weiber“ kamen also auf den Spielplan, weil sie als historischer Stoff und einigermaßen derbes Lustspiel viel Situationskomik, einige Intrigen und nicht zuletzt die Möglichkeit zur „Verkleidung“ boten. Darüber hinaus schien die Rolle des John Falstaff dem Hauptdarsteller Andreas Schulz so ziemlich auf den eigenen runden Leib geschrieben. Mit Feuereifer und erstaunlichem dramaturgischen Geschick machten sich die 12-Klässler vor über einem Jahr daran, den Text zu „entschlacken“ und zu einer flott spielbaren Fassung zusammenzustreichen und umzuschreiben. Die wurde zur Premiere auf einer zwar nur spartanisch ausgestatteten Bühne, dafür aber mit großer Spiellust und hoher Sprachkultur präsentiert. Und es funktionierte wie erhofft. Andreas Schulz, der den mehr als doppelt so alten Falstaff mit großer Glaubwürdigkeit und dem Mut zur Hässlichkeit spielte, trug zur überzeugenden Ensembleleistung genauso bei wie die herrlich „falschen“ Damen Fluth und Page (Kathrin Schulze und Judith Gasch) oder die flotte Katalysatorin der Handlung Frau Hurtig (Maria Hager). Die Lust zur Überzeichnung und Übertreibung der Charaktere und Situationen war allen anzumerken und auch das überwiegend jugendliche Publikum fand viel Spaß an dem Shakespearschen Schwerenöter und den beinahe gehörnten Ehemännern.

Und was passiert mit der „wahren“ Liebe, die in Windsor angeblich nicht sehr geschätzt wird? Können die heillos zerstrittenen Eheleute Page verhindern, dass ihre liebreizende Tochter Jungfer Anne den mittellosen Fenton kriegt? Auch dafür fanden die Protagonisten der traditionsreichen Theatergruppe „Muckefuck“ des Espengrund-Gymnasiums, das in diesem Jahr leider endgültig geschlossen wird, eine überzeugende Lösung. Astrid Priebs-Tröger

Letzte Vorstellung heute, 19 Uhr, Altes Rathaus.

Astrid Priebs-Tröger

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