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Kultur: Schön schräg

„Mad Mix“ brachte „Pandorama“ zur Premiere

Sonderbare Wesen bevölkern die Bühne. Vier Gestalten mit vibrierenden Fingern an angewinkelten Ärmchen – ganz in Blau, Weiß, Grün oder Rot gekleidet – vollführen ein relativ harmonisches Tänzchen, um wenig später in wildes Getobe zu verfallen und den „Weißen“ unter sich schließlich anzugreifen und zu besiegen. Während sie das tun, werden sie beobachtet. Von Menschen, die mit Mikroskopen „bewaffnet“ ihre Beobachtungen einander kundtun. Dabei stellt sich heraus, dass die quicklebendigen Kerlchen „Mikroben“ sind. Deren weiteres Treiben die Zuschauer ihrerseits auf den vielen Monitoren, die auf der Bühne der fabrik installiert sind, verfolgen können.

Wenig später ändert sich die Szenerie. Auf den Bildschirmen sind jetzt die Forscher zu sehen, die wiederum von sehr merkwürdigen Erwachsenen beobachtet werden.

Diese permanente Bildschirmüberwachung ist ein wesentlicher Bestandteil der skurrilen Multimediainszenierung „Pandorama“, die am Wochenende von der Theatergruppe „Mad Mix“ des Offenen Kunstvereins unter Spielleitung von Ulrike Schlue und Nikki Bernstein in der fabrik aufgeführt wurde. 20 Spieler im Alter von 14 bis 23 Jahren nehmen dabei an einer „Versuchsanordnung“ teil, die sowohl sehr fantastische als auch unübersehbare Gegenwartsbezüge trägt. Zu den Mikroben und den Forschern – es sind Schüler – gesellen sich nämlich vier verrückte Lehrer, zwei hohe Ministerialbeamtinnen und eine Gruppe Pandabären. Diese handelnden Personen stehen mehr oder weniger in „Beziehungen“ zueinander. Während dabei die Schüler als durchweg vernünftig und sogar lernbegierig erscheinen, haben ihre Lehrer nichts anderes zu tun, als andauernd über ihre Zöglinge herzuziehen und untereinander seltsame Techtelmechtel anzufangen.

Sehr gelungen war die Parodie eines Schuldirektors, die Moritz Heilgendorff – wunderbar schlaksig und mit vergeblich gebändigter Rasterfrisur – zum Besten gab. Die Worthülsen ausstoßende Verteidigungsministerin (Ekaterina Maslennikowa) zeigte sich überaus mediengeil und nicht willens und in der Lage, das existentielle Problem der Pandabären zu lösen. Denn die werden von den Mikroben zugrunde gerichtet. Doch deren Auslöschung würde wiederum die Existenz des Planeten bedrohen ...

Was nur mit einiger Mühe in Worten wiedergegeben werden kann, war auf der Bühne mit fantasievollen Spielideen und flottem Wortwitz wie ein Panoptikum bekannter, durchaus gegenwärtiger Befindlichkeiten anzuschauen. Das Ganze schwankte dabei zwischen philosophischem Tiefsinn wie: „Der Tisch ist rund und wir stoßen uns immer an den Ecken“ und herrlichem Nonsens. Alle Protagonisten waren mit Spielfreude und sichtlichem Vergnügen in den kurzen, wie Filmsequenzen wirkenden Spielszenen, durch die man sich als Zuschauer durchzappen musste, bei der Sache. Die dann noch mit echten Filmaufnahmen von Benjamin Streitz und Franz Heilgendorff kombiniert wurden.

Seit März beschäftigt sich „Mad Mix“ mit diesem Projekt und die schräge Story und die ziemlich verrückten Figuren sind gänzlich der Phantasie der jugendlichen Teilnehmer entsprungen. Am Text haben wie schon so oft die talentierten Autoren Max Buschner und Philipp Baumgarten mitgearbeitet. Das funktionale Bühnenbild stammt von Sylvia Heilgendorff und die gelungenen Kostüme, nicht nur der Pandabären, von Teresa Limberg. Am Ende gab es begeisterten Applaus vom überwiegend jugendlichen Premierenpublikum und lautstarkes Bedauern, dass die schräge Geschichte kaum eine Stunde lang war.

Astrid Priebs-Tröger

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