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Kultur: Schnurr

Christine Anlauffs „Katzengold“ bei Wist

Alle wollen leben. Die Leute wollen leben, die Verlage mit den echten und fingierten „Verkaufszwängen“ wollen leben, die Autoren mit den Auflagen ihrer Verlage, die Buchhändler in ihrer Mittlerrolle zwischen Mensch und Verlag, die Leser mit dem Krimi „Katzengold“ in der Hand. Auch die Menschin Charlotte Olbinghaus mit dem Rotpelz auf dem Kopf wollte leben, aber das hat im Buch der Potsdamer Schriftstellerin Christine Anlauff so wenig geklappt wie bei Aurelia, der angebeteten Lieblingskatze des Kater-Kastraten Serrano.

Wer da alles in dem Buch „Katzengold. Serrano ermittelt“, das am Mittwochabend in Potsdam bei Carsten Wist im Literaturladen vorgestellt wurde, verschwand, wer tot und was durch den katzenunfreundlichen Kommissar Liebermann samt dem menschenunfreundlichen Serrano im Stadtteil Potsdam-West aufzuklären war, stand jüngst bereits in dieser Zeitung.

Christine Anlauff und Carsten Wist kennen sich von einer gemeinsamen Buchhändler-Lehre am Stern schon von dunnemals her. Er habe „viele Autoren vom Sockel stürzen sehen, die man vielleicht besser nicht hätte kennen sollen“, schnurrte er vorab, aber bei Christine Anlauff sei das anders. Mit einem charmanten „Gut, Dich zu kennen!“, empfahl er sie dem gemeinsamen Publikum. Und was nun macht eine schlagfertige, witzige Autorin, wenn sie ihr notgedrungen katzenfokussiertes „Potsdam-Buch“ vorstellen will? Sie lockt, indem sie liest, bis ein Kaufinteresse an ihrem Opus Zwei nach „Good morning, Lehnitz“ geweckt ist. Aber das ist bei einem Krimi gar nicht so einfach. Wer zu viel verrät, der mordet die Verkaufsidee, auch sie will ja leben.

Figuren, Situationen und die speziellen Lokalitäten Potsdams wurden also bei ihrem knapp einstündigen Lesevortrag nur angerissen, zu erkennen waren eine Straße, eine Bar in der Nähe, vielleicht auch Reiner. Er hatte die Leiche jener Dame Olbinghaus noch gesehen, bevor sie verschwand. Witziges Detail: Volltrunken, legt man ihm nahe, mit der Sauferei aufzuhören, denn „die Leiche sieht alles!“

Und das klappt, im Buch. Sie wollte dem Leser ein Bild dieses Stadtviertels geben, „kein Foto“. Bissig bemerkte Carsten Wist dazu, ihn wundere schon, warum Autoren neuerdings und gehäuft Potsdam mit Hunden und Katzen in Zusammenhang brächten. Ja, ist das wirklich so schwer? Ein weiteres Detail ist vielleicht noch interessant: Als der Verlag sie zwang, das Manuskript in kürzester Zeit katzenfreundlich umzuarbeiten, versorgte der Getränkeladen um die Ecke sie mit dem, was sie beim Schreiben brauchte. Kiez-Bewusstsein! Dieser Laden wurde bei der Danksagung auch nicht vergessen.

Schon die Präsentation ihres Erstlings „Good morning, Lehnitz“ im Jahr 2005 bei Wist soll ein voller Erfolg gewesen sein, diese hier war es auch, trotz der Grauzone, den ein Krimi halt einfordert, beim Sichtbarmachen des Ungesagten.

Auch so ein Krimi will schließlich leben, was sollte er sonst! Es soll einen Folgeband geben, dann ist Liebermann kein Berliner mehr, sondern ein echter Potsdam-Westler. Und natürlich gibt es auch wieder Katzen. Na dann: Schnurr, Schnurr!Gerold Paul

Erschienen im Aufbau Verlag, 14,95 €

Gerold Paul

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