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Schau in der Villa Francke: Bunter Wilder Westen

Am Wochenende wird die Villa Francke von vier Künstlern aus Potsdam, Athen und Zabrze bespielt.

Von Helena Davenport

Potsdam - Wie im wilden Westen. Schon bei seinen ersten Schritten in die neue Ausstellung „Contrast“ sieht sich der Besucher in der Villa Francke einem Lasso ausgesetzt. Justine Ottos Cowboy reitet über die Foyerwand, ein weißer Mann mit Heldenstatus, der allerdings seiner Zeit und seines Ortes beraubt wurde. Rosige Streifen markieren die Leerstellen im Bild, Farben haben sich überlagert, sind zerlaufen – als würde die Malerin, die aus dem polnischen Zabrze stammt, hier verwischte Erinnerungen widergeben. Selbst das Gesicht des Helden aus Literatur und Popkultur ist bei genauerem Hinsehen nur noch farbige Fläche. Was zunächst vor allem so herrlich spöttisch gegenüber der männlichen Kultfigur wirkt, stellt gleichzeitig das Medium selbst zur Schau. Otto reflektiert das Genre Heldendarstellung in der Malerei und macht deutlich, wie lückenhaft und durchsichtig es ist.

Der Titel der Ausstellung ist eher einfallslos

Das Medium Malerei verbindet die vier künstlerischen Positionen, die sich in der Ausstellung in der Villa Francke gegenübertreten. Neben Bildern von Justine Otto, die sonst vor allem in Berlin und Hamburg ausstellt, sind Arbeiten der jungen Athenerin Dimitra Bouritsa zu sehen – die Berliner Kuratorin Vanessa Souli hat die beiden Künstlerinnen nach Potsdam geholt. Außerdem präsentiert das hier beheimatete Künstlerpaar Nadine Conrad und Allan Paul seine Werke. Was Themen und Technik angeht, arbeiten alle vier Künstler grundverschieden – so viel verrät der Titel „Contrast“, der allerdings etwas einfallslos daherkommt.

Allan Paul malt aus dem Impuls heraus, losgelöst vom Denken, sagt er. Seine Welten sind weniger geplant, stattdessen bauen sie auf Fragestellungen auf, die ihm in den Sinn kamen. „Back to future 2“ (Zurück in die Zukunft) heißt eine seiner Arbeiten, auf der sich die einzelnen Elemente wie Zahnräder ineinandergefügt haben. Kräftige Farben wechseln sich ab. Aus einem Erdball wächst ein Haus, ein Maßstab ist zu sehen, eine Maus, Kornähren, ein Busen, ein unbekanntes Flugobjekt, oder ist es vielleicht doch ein Schiff mit Düsenantrieb?

"Projekt Panama" erinnert an Sehnsuchtsort von Tiger und Bär

„Es braucht Zeit, bis meine Bilder reif sind“, sagt er bei einer Presseführung. Oft malt er seine Leinwände zigmal über. Man müsse als Maler den Punkt überwinden, an dem man sein Bild ganz schlimm findet – wenn man dann weiterarbeite, könne das Bild interessant werden. Nadine Conrad nickt. Seit Ende 2018 teilt sich das Paar ein Werderaner Atelier mit der Illustratorin Julia Brömsel, „Projekt Panama“ haben sie die Zusammenarbeit getauft, angelehnt an den Sehnsuchtsort, zu dem sich Janoschs Figuren Tiger und Bär aufmachen. Die Gruppe organisiert im Übrigen das dritte ArtCamp, das vom 9. bis zum 10. August im Chauffeurshaus der Villa Francke stattfindet.

Das Thema Sehnsucht taucht auch in Conrads Bildern auf. Die Künstlerin malt Landschaften, für die Schau hat sie sich mit dem Meer beschäftigt: Weiße Gischt erklimmt die Promenade, Wellen gehen am Horizont in Himmel über, Nebel verschleiert die Abgründe. „Hier kann jeder seine Landschaft entdecken“, sagt sie.

Auf der Suche nach einer Verbindung

Potsdam habe so viele Möglichkeiten, Kunst in ruhiger Atmosphäre zu präsentieren, findet die Kuratorin. Das sei ein Vorteil gegenüber Berlin, wo man sich von Event zu Event gehetzt fühle. Die aktuelle Schau soll die Potsdamer Kunstszene mit anderen verbinden. „Die Vernetzung ist für junge Potsdamer Künstler sehr wichtig, weil es für sie schwer ist, in der Stadt auszustellen“, sagt Paul. An Raum für die Großen mangle es nicht, wohl aber an jenem für die hiesige Szene. Dass sich bei „Contrast“ Potsdamer Werke mit denen von anderen Zeitgenossen mischen, tut ihnen gut.

Das Bild „Telling Tales“ (Märchen erzählen) von Dimitra Bouritsa hängt dem Cowboy – gefährlich dicht – gegenüber. Drei Partygäste sitzen beisammen, auch ihre Identitäten liegen im Verborgenen. Die Person mit güldenem Umhang und Chamäleonkopf hat das Glas zu jenen hinter den schamanischen Masken erhoben. Bouritsas Werke sind zum ersten Mal in Deutschland zu sehen. Sie spielt mit den Skurrilitäten der Gegenwart, mit widersprüchlichen Verhaltensmustern etwa, und hebt diese in fremde Milieus. Ob die Masken das wahre Wesen nun übertünchen oder zum Ausdruck bringen sollen, bleibt eine Frage. Helena Davenport

Gregor-Mendel-Straße 23, Vernissage heute ab 18 Uhr, Samstag und Sonntag 12 bis 19 Uhr

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