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Religiöser Inhalt in großer Klangfülle: Puccinis Messa di Gloria in der Erlöserkirche

Potsdam - „Es ist ein extremer Versuch, Empathie zu erzeugen“, sagt Ud Joffe, Musikalischer Leiter an der Potsdamer Erlöserkirche, über das Stabat Mater. In diesem mittelalterlichen Gedicht, wörtlich „Da stand die Mutter“, identifizert sich der Betende überaus intensiv mit den Leiden der Mutter Christi im Angesicht ihres gestorbenen Sohnes.

Potsdam - „Es ist ein extremer Versuch, Empathie zu erzeugen“, sagt Ud Joffe, Musikalischer Leiter an der Potsdamer Erlöserkirche, über das Stabat Mater. In diesem mittelalterlichen Gedicht, wörtlich „Da stand die Mutter“, identifizert sich der Betende überaus intensiv mit den Leiden der Mutter Christi im Angesicht ihres gestorbenen Sohnes. Schon beim bloßen Lesen meint man, den Schmerz am eigenen Leib zu fühlen. Weit über 100 Komponisten ließen sich davon zu höchst eindrucksvollen Werken inspirieren. Eines der kürzesten Stabat Mater schrieb Giuseppe Verdi voll romantischer Klangfülle. Diese Version bringt die Potsdamer Kantorei am Sonntag in der Erlöserkirche zur Aufführung. „Das ist eine sehr dankbare Aufgabe für den Chor“, sagt Ud Joffe, der damit auch die gefühlsintensive Belcantowelt jenseits der evangelischen Kirchenmusik erschließen möchte.

Außer Verdis Spätwerk erklingen Kompositionen von Pietro Mascagni und Giacomo Puccini. Wie die drei großen Opernkomponisten religiöse Inhalte mit italienischer Klangpracht zum Ausdruck bringen, ist einer der Schwerpunkte dieser Aufführung. Darüber hinaus folgt das Programm in einer dramaturgischen Linie dem Kirchenjahr. Nach dem wuchtigen Rückblick auf die Passionszeit mit Verdis Stabat Mater erklingt das betörend schöne Regina Coeli laetare aus Pietro Mascagnis veristischer Oper „Cavalleria rusticana“. In einer österlichen Kirchenszene erklingt hier ein ebenfalls mittelalterliches Gebet. Es preist voller Dankbarkeit mit den Worten „Freue dich, Himmelmutter“ die Auferstehung und wird vom Chor der Gläubigen getragen. Dazu setzt die fabelhafte Sopranistin Nina Bernsteiner stimmliche Glanzlichter.

Den Hauptteil des Konzerts nimmt indessen die Messa di Gloria von Puccini ein. Opernhafte Melodik und orchestrale Fülle prägen die Vertonung der katholischen Messe in diesem Frühwerk des berühmten Komponisten. Schon hier werden typische Eigenheiten von Puccinis fantastischer Klangsprache hörbar. Neben abwechlsungsreichen, farbigen Chor- und Orchesterpartien stehen zwei Solisten im Zentrum. Dafür kommen der Tenor Carsten Süss und der Bassbariton Tobias Berndt nach Potsdam, zwei Weltklasse-Sänger, wie Joffe sagt, der stets ein gutes Ohr für die richtige Besetzung hat.

Und nicht nur dafür. So fasziniert ihn an der Messa di Gloria auch, wie Puccini gegen den Wortrhythmus arbeitet. Anders als in der geistlichen Musik evangelischer Prägung will der Komponist nicht auf melodische Einfälle verzichten und setzt daher schon mal die Betonung an einer „falschen“ Stelle. Ganz sicher wäre Puccini nicht so berühmt geworden, wenn ihm nicht schon in seiner Messa di Gloria großartige Momente musikalischer Erfindungskraft gelungen wären. Umso erfreulicher also, dass dieses Werk nun in der Erlöserkirche, die vor 120 Jahren erbaut wurde, mit der Potsdamer Kantorei und dem Neuen Kammerorchester Potsdam erklingt. 

Sonntag, 6. Mai, 17 Uhr, Erlöserkirche

Babette Kaiserkern

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