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Der Schriftsteller Reinhard Kaiser-Muehlecker zu Gast bei Wist. 

© Ottmar Winter

Reinhard Kaiser-Mühlecker war zu Gast in Potsdam: Zwischen den Schweinen und der Liebe

Der österreichische Schriftsteller Reinhard Kaiser-Mühlecker hat Landwirtschaft studiert und schreibt auch darüber. Im Potsdamer Literaturladen Wist stellte er seinen aktuellen Roman "Enteignung" vor, der auch ein Liebesroman ist.

Potsdam - Liebesromane. Das ist Reinhard Kaiser-Mühleckers Antwort auf die Frage, welche Art von Büchern er schreibt. Weil dann meist keine weiteren Nachfragen kommen – und weil ein Buch ohne Emotionen für ihn nicht vorstellbar ist. Das muss zwar nicht nur die Liebe sein, aber eben alles, was das Leben ausmacht: Hass, Eifersucht, Leidenschaft. Das erzählte der österreichische Schriftsteller am Mittwochabend im Literaturladen Wist. In einer Vorpremiere stellte er dort seinen aktuellen Roman „Enteignung“ vor, der am 27. Februar bei S. Fischer erscheint. 

Es ist bereits der siebte Roman des 36-Jährigen, ein bisschen auch der verflixte siebte, wie er sagt. Denn, so Kaiser-Mühlecker, es sei der erste Roman gewesen, den er als Vater eines kleinen Kindes geschrieben habe. „Nicht selten habe ich auf einer Parkbank geschrieben, wenn der Kleine geschlafen hat.“ Er nenne es deswegen auch ein atemloses Buch. Ruhig erzählt er das, wie überhaupt alles an diesem Abend. Kaiser-Mühlecker ist kein Mann der großen Reden, es scheint, als hebe er sich die Worte für seine Bücher auf. Dort vereint er sie zu einer Sprache, der es sich zu entziehen schwerfällt. Ohne Schnörkel ist sie und gleichzeitig poetisch. Ganz leicht kommt sie daher und hat doch viel Gewicht. Kaiser-Mühlecker versteht es, große Themen miteinander zu verweben und sie so zu erzählen, dass sie sich wie nebenbei aufbauen. 

Eine Kränkung, die er selbst nicht versteht

In „Enteignung“ sind das die Krise des Journalismus und die schwierige Situation der Landwirte. Erzählt werden sie über den Journalisten Jan. Er schrieb schon für große Zeitungen, wie die Süddeutsche oder die FAZ, ist in der Welt rumgekommen, aber jetzt wieder in seinen Heimatort zurückgekehrt. Dort schreibt er für eine kleine Zeitung, die zum reißerischen Anzeigenblatt zu verkommen droht. Dann trifft er Ines, mit der er eine Affäre beginnt und deretwegen er ein Praktikum auf einer Schweinemastfarm beginnt. 

Warum, weiß er nicht. Es hat etwas mit einer Kränkung zu tun, die er selbst nicht ganz versteht. „Wie oft schon hatte ich darüber gestaunt, wie tief Menschen empfinden können; das ist eine Fähigkeit, die mir abging, was ich aber nie bedauert hatte“, sagt der Protagonist in „Enteignung“ über sich. Und Reinhard Kaiser-Mühlecker ergänzt am Mittwoch bei Wist: „Er ist jemand, der gar nichts sucht. Der zufrieden ist. Was morgen ist, das ist halt morgen.“

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Schreiben ist eine Art des Pflanzens

Der Schriftsteller stammt selbst aus einer Landwirtsfamilie, hat Landwirtschaft und Geschichte studiert, sich dann aber für das Schreiben entschieden. „Beides geht nicht, es sei denn, man benötigt sehr, sehr wenig Schlaf“, sagt er trocken und mit diesem wunderbar leichten Einschlag eines österreichischen Dialektes. Aber auch das Schreiben sei eine Art des Hervorbringens, eine Art des Pflanzens und Wachsens. Ein Prozess, der ähnlich wie das Finden der eigenen Sprache eine Weile dauern könne. Kaiser-Mühlecker empfiehlt, auf die eigene Intuition zu hören, statt sich an Idolen zu orientieren. „Man braucht nicht so zu schreiben wie die, denn das tun sie ja schon selbst.“ 

Überhaupt sei es die Aufgabe des Schriftstellers, von Dingen zu berichten, um die er besser Bescheid weiß als andere. Deswegen seine Entscheidung für das ländliche Setting. „Durch Bücher kann man Lebenswelten kennenlernen, die darf man nicht falsch erzählen“, begründet Kaiser-Mühlecker seine schonungslosen Bilder aus der Schweinemast. So merkwürdig das klingt, gerade in diesen Bildern ist beim Lesen dann auch die Liebe zu finden. Die Liebe Kaiser-Mühleckers zur Sprache, aber auch die zwischenmenschliche Liebe in all ihren verwirrenden Komplikationen

>>Am Montag, 25.2., findet bei Wist, Dortustraße 17, um 19 Uhr „Bernhard Lesen“ zum 88. Geburts- und 30. Todestag Thomas Bernhards statt. 

ZUM BUCH: Reinhard Kaiser-Mühlecker: "Enteignung". S. Fischer, 2019, 224 Seiten, Hardcover, 21 Euro, erscheint am 27. Februar.

Sarah Kugler

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