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Kultur: Reformation und andere Reformen

Kantor Johannes Lang verantwortet erstmals den internationalen Orgelsommer Potsdam. Das Festival findet ab Mittwoch in der Friedens-, der Erlöserkirche und der Französischen Kirche statt

Die Königin lädt zur Audienz. Flyer und Plakate machen auf die royale Einladung aufmerksam. Doch wird man schnell gewahr, dass es sich dabei um die Königin der Instrumente handelt, um die Orgel. In Potsdam gibt es davon eine ganze Reihe, die sich hören und sehen lassen kann. Seit 27 Jahren stehen zwei von ihnen im besonderen Blickpunkt, anlässlich des Internationalen Orgelsommers, der von den Kirchenmusikdirektoren Friedrich Meinel und Matthias Jacob ins Leben gerufen wurde.

Nun führt der seit dem vergangenen Herbst wirkende junge Kantor und Organist der Friedenskirche Sanssouci, Johannes Lang, als künstlerischer Leiter die großartige Tradition des Potsdamer Musikfestivals weiter. Die Woehl-Orgel sowie die Schuke-Orgel in der Friedens- bzw. Erlöserkirche werden ab kommenden Mittwoch bis Ende September im wöchentlichen Wechsel jeweils mittwochs erklingen. Im letzten Konzert am 27. September wird wieder die historische Grünenberg-Orgel in der Französischen Kirche eingebunden sein. Somit ist es möglich, die drei Orgeln vergleichend zu hören und die verschiedenen Charaktere der Instrumente in den konträren Kirchräumen zu erleben.

Das große Reformationsjubiläum bildet 2017 den inhaltlichen Schwerpunkt des Internationalen Orgelsommers. Kantor Johannes Lang bringt die Thematik aus gutem Grund in einige Konzerte ein. „Für Martin Luther stand ja die Musik dem Wort nicht nach, sondern konnte sich zu einer eigenen Verkündigungsform entwickeln“, sagt der Kirchenmusiker in einem PNN-Gespräch.

So wird zur Eröffnung der Organist an der Erlöserkirche, Tobias Scheetz, das bekannteste Lied Martin Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“ in den Mittelpunkt des musikalischen Geschehens stellen, schließlich erfährt es seit Jahrhunderten eine ungebrochene Popularität. Choralbearbeitungen und Fantasien von Praetorius über Buxtehude, der Spätromantik bis zu Komponisten unserer Zeit werden zu hören sein. Dabei sind teilweise vergessene Namen und Werke. „Ich bin dankbar, dass Tobias Scheetz, der nach dem frühen Tod von Kantor Joachim Walter 2015 zwei Jahrgänge des Orgelsommers interimistisch leitete, das Eröffnungskonzert gestalten wird“, sagt Kantor Lang. Mit Ausschnitten aus Bachs „Die Kunst der Fuge“ wird Scheetz zugleich besondere Akzente einbringen.

Doch nicht nur Luther und seine Reformation werden den Orgelsommer begleiten. Johannes Lang will in dem nun beginnenden Konzertzyklus auch danach fragen, welche Bedeutung das Wort Reform noch aufweist. „Da gibt es in den Musikepochen immer wieder stilistische Umbrüche. Von deren Freiheit und Gebundensein wird die Rede sein. Nationale Besonderheiten in Dänemark und Holland werden bedacht oder die großen Umwälzungen, die es in den Bürgermetropolen Hamburg, Leipzig und Frankfurt am Main gab. Das waren Ereignisse von reformerischem Charakter“, erklärt Johannes Lang im Blick auf die Konzeption.

Mit Spannung darf man auch jene Konzerte erwarten, in denen orgelähnliche Instrumente erklingen. So das Portativ, die Urform der Orgel, mit Franns von Promnitz, und auf alle Fälle das Akkordeon. „Natürlich ist der Einsatz des Instruments in Zusammenhang mit unserer Reihe ungewöhnlich. Es ist aber auch extrem nach vorn gedacht. Hans Meier von der Musikhochschule Trossingen wird sein Instrument in mitteltöniger Stimmung in Potsdam vorstellen. Die mitteltönige Stimmung war in Renaissance und Frühbarock dominierend und verkörperte mit ihrer großen Anzahl an reinen Terzen fast vollkommen die reine Stimmung für Tasteninstrumente. Hans Maier musiziert unter anderem Werke der bedeutenden Barock-Komponisten Girolamo Frescobaldi und Johann Jakob Froberger.

Auch auf die drei Konzerte mit Preisträgerinnen internationaler Orgelwettbewerbe macht Lang aufmerksam, auf Anna-Victoria Baltrusch aus Zürich, Mami Nagata aus Japan und Alina Nikitina aus Russland. Dabei werden sie natürlich die besondere Virtuosiät ihres Könnens unter Beweis stellen. Der Kantor der Friedenskirche hat in der 15 Konzerte umfassenden Reihe 13 Künstler aus Dänemark, der Schweiz, Holland, Japan, Russland und den USA nach Potsdam eingeladen. Aber auch einer seiner Orgellehrer wird dabei sein: Martin Schmeding, der in Leipzig lehrt. Er wird die verschiedenen Reformen, die die Orgelmusik vorweisen kann, in gut 60 Minuten zum Klingen bringen. Und natürlich ist Johannes Lang musikalisch selbst mit von der Partie. Er gestaltet das festliche Abschlusskonzert in der Französischen Kirche am Bassinplatz. Als Duopartner konnte er den Solotrompeter des Deutschen Sinfonieorchesters Berlin, Joachim Pliquett, gewinnen.

Innerhalb des Orgelsommers wird es zudem auch ein Konzert für Kinder in der Friedenskirche geben. Die Neugier von Schülerinnen und Schüler für das größte und farbenreichste Musikinstrument möchte der Kantor wecken – die Zukunft kann nicht früh genug beginnen.

Der Internationale Orgelsommer Potsdam beginnt am 5. Juli, 19.30 Uhr, in der Erlöserkirche, Nansenstraße. Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 6 Euro.

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