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Vorzimmer der Liebe. Das Poetenpack singt im Palais Lichtenau Liebeslieder.

© Aandreas Klaer

Premiere des Poetenpack im Palais Lichtenau: Fütterung der Raubtiere im Käfig der Liebe

Je grober, desto wirkungsvoller? Das Potsdamer Poetenpack lud mit „Im Vorzimmer der Liebe“ zur Liebesschlacht im Wartesaal eines Paartherapeuten ein. Wer hier Doppelbödiges oder Zartgestricktes erwartete, wurde enttäuscht.

Potsdam - Nach gut zwei Stunden und rund 30 Liedern wissen wir es endlich: Ein Käfig aus Liebe ist immer noch ein Käfig. Um sich daraus zu befreien, wird Ziggy zum Raubtier. Er faucht und beißt, schlägt um sich, demütigt seine Käfigwärterin Xenia, bis die Gitterstäbe bersten. Doch Liebe kann viel ertragen. Im „Vorzimmer der Liebe“ geraten wir mitten hinein in dieses Schlachtfeld. Hier werden die langen Messer gewetzt. Keiner greift zum feinen Sezierbesteck, um den anderen klein zu kriegen. Es wird draufgehauen. Umso kräftiger, grober, umso wirkungsvoller. So offensichtlich die Hoffnung von Autor und Regisseur Kai Schubert, als er Samstagabend mit dem Poetenpack zur Liebesschlacht im Wartesaal eines Paartherapeuten lädt. Wer Doppelbödiges, Zartgestricktes, Überraschendes erwartet, wird enttäuscht.

Zu Gast sind die gesanglich gut aufgelegten fünf Schauspieler im Festsaal des Palais Lichtenau: ein intimer Rahmen für das musikalische Gerangel. Die Bühne für dieses erste selbstgeschriebene Stück der freien Theatergruppe empfängt mit altrosa Plüschhockern. Sie stehen neben dem schwarzen Steinway-Flügel und einem mit Tüll verkleideten Schrein verblichener Hoffnung: mit Gitarre und Diskokugel. Eine goldene Maske und die feurig-rote Federboa signalisieren: Die Show von Schein und Sein beginnt.

Die Paare singen sich mit großer Geste durch ihr Elend

Herein schlurft ein dandyhafter Mann mit weißen Turnschuhen und besticktem weißen Bademantel: wie ein Boxer, der geschlagen aus dem Ring steigt. Gespielt wird dieser Therapeut, Dr. Love, dem selbst die Liebe abhandengekommen ist, von Bardo Henning. „Keine Lust mehr!“ sagt er müde und stimmt am Flügel den ersten Song an: „Brennheiß verliebt“, von ihm selbst komponiert. Es folgen Eigenkompositionen, die zwischen Friedrich Holländer, Mozart, Offenbach oder Paul Mc Cartney durchaus kraftvoll ranken. Die Musik gibt bei diesem Stück, das eher eine Revue ist, den Ton an. Und die beiden Paare, die sich von Dr. Love therapieren lassen wollen, singen sich klagend-anklagend mit großer Geste durch ihr Elend.

Als erstes nehmen die (noch) in Leidenschaft erbrannten Frischvermählten Elli und Boris im Wartesaal Platz. Sie sind nur hier, weil ihnen Freunde zur Hochzeit einen Gutschein für eine Prophylaxe-Therapie geschenkt haben. Reiner Gabriel gibt diesen Boris im kanarienvogelbunten Outfit, immer etwas deppert. Seine Elli mit Fransenweste und Federnschmuck, gespielt von Annegret Hueck, ist die unerfahrene Schöne. Sie wollen beide handeln, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Denn beim Thema Kind scheiden sich durchaus die ehelichen Geister.

Persiflage und Komödienstadl? Das meiste renkt sich wieder ein

Und dann tauchen Xenia und Ziggy auf: in ihrem verflixten siebenten Jahr. Andrea Seitz gibt ihre Xenia mit hochhackigen Lackschuhen und Fellmantel: mondän und couragiert, eine Frau, die weiß, was sie will. Nämlich vor allem ihren Ziggy – trotz seiner Seitensprünge. Ziggy, den Andreas Hueck als gealterten Rock’n’Roller mit Lederjacke und angefuttertem Bauch über der engen Jeans großmäulig auftrumpfen lässt. „Nur durch Gesang kommen wir an unsere Wünsche ran“, ist eine der Weisheiten aus dem „Mandala für die Liebe“ von Dr. Love. Und so singen sich die beiden Paare durch Moll und Dur: fast immer etwas zu ausgestellt, am Rande der Schmierenkomödie, in der Gefühle behaupten, aber nicht zu sehen sind. Es gibt aber auch berührende Momente, so wenn Andrea Seitz den Jacques Brel-Song anstimmt: „Bitte geh nicht fort“ und Ziggy alias Andreas Hueck nur eiskalt mit Aznavour kontert: „Du lässt dich gehen“. Was allerdings für sie, die äußerlich Herausgeputzte, Stilvolle, gar nicht passt.

Federboa, Kuschelfell? Hier werden die Federn gerupft, wachsen dicke Felle. Und bei „Ob La Di - Ob La Da“ renkt sich im Medley aus Persiflage und Komödienstadl das meiste wieder schunkelnd ein. Das Publikum klatscht begeistert. 

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Vom 3. bis 8. Dezember, jeweils um 19.30 Uhr im Palais Lichtenau, Kurfürstenstraße 40

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