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Premiere am Hans Otto Theater mit Peter Handke: 394 Kostüme, aber keine Dialoge

Es ist so ein typischer Peter-Handke-Titel: „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“ heißt der Text, der neben „Die Angst des Tormanns vor dem Elfmeter“ zu den populärsten des österreichischen Dramatikers gehört. Uraufgeführt hat das Theaterstück im Jahr 1992 Claus Peymann, der vor wenigen Tagen 80 Jahre alt wurde und im Juli das Berliner Ensemble verlassen wird, am Wiener Burgtheater.

Es ist so ein typischer Peter-Handke-Titel: „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“ heißt der Text, der neben „Die Angst des Tormanns vor dem Elfmeter“ zu den populärsten des österreichischen Dramatikers gehört. Uraufgeführt hat das Theaterstück im Jahr 1992 Claus Peymann, der vor wenigen Tagen 80 Jahre alt wurde und im Juli das Berliner Ensemble verlassen wird, am Wiener Burgtheater. Und so melodiös sich der Titel anhört, so sperrig verhält sich Handke gegenüber sonst üblicher Theaterdramatik. Es ist ein Text, der sich schlichtweg einer gängigen Inszenierung verweigert. Nun hat sich das Hans Otto Theater (HOT) des legendären Stückes angenommen und reiht sich mit seiner heutigen Premiere ein in aktuelle Inszenierungen – das Hamburger Thalia Theater nahm sich des Stückes 2015 an und führt es seitdem auf, das Theater Magdeburg feierte in diesem Mai Premiere.

Es ist ein Theatertext ohne Dialoge, dafür erwähnt Handke 394 Kostüme. Er gibt keinen spezifischen Ort vor, stattdessen heißt es zu Beginn „ein freier Platz im hellen Licht“. Nicht die Darstellung einer Wirklichkeit und eines realen Geschehens interessieren Handke, das wird auch hier schnell klar, sondern eine Ästhetik, bei der vielmehr die Interpretation des Gegenwärtigen selbst im Zentrum steht. Für die HOT–Inszenierung haben sich der israelische Kostümbildner Amit Epstein und der auch schon als Schauspieler in Potsdam aufgetretene Bühnenbildner Wolfgang Menardi zusammengetan. Es ist ihre dritte gemeinsame Arbeit seit 2011. Angesichts der Unmöglichkeit, Hunderte Kostüme auf die Bühne zu bringen, setzt Epstein auf eine Art Baukasten – mit Kategorien wie „Abendkleider“, „Religion“ oder „abstrakte Kostüme“. Insgesamt 120 Kostümversatzstücke hat er so für den Abend entworfen. Bei solch Fülle bleibt dem Bühnenbildner vor allem das Mittel der Reduktion. Als leere Leinwand soll das Bühnenbild funktionieren, um „lediglich mit Körpern und Kostümen Bilder entstehen zu lassen“, wie Menardi sagt. Ganz auf einer Linie mit Handke und auch Heiner Müller entsteht für Menardi schließlich die Erneuerung des Theaters aus der Form und nicht dem Inhalt. giw

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