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Neben dem Potsdam Museum (l.) öffnete 2017 das Barberini. 

© Andreas Klaer

Potsdams Museumslandschaft ordnet sich neu: Tektonische Verschiebungen

Digitalität, Partizipation und neue Standards durch private Player: Das 70. Stadtforum beleuchtete, wie Potsdams Museumslandschaft sich neu ordnet.

Potsdam - Als das 70. Stadtforum nach über drei Stunden im Potsdam Museum zu Ende geht, bleibt die Erkenntnis zurück: Potsdams Museumslandschaft befindet sich nicht nur im Wandel, wie es so oft heißt – sie erlebt einen grundsätzlichen Umbruch. In den analogen Betrieb ist die Digitalität eingebrochen, in den kommunalen Betrieb die privaten Museen. Beides große Bereicherungen – ebenso wie die vielleicht größten Herausforderungen.

Potsdams Museen sind im Übrigen mehrheitlich Frauensache. Unter den sechs geladenen Direktor:innen war genau ein Mann: Kurt Winkler, Direktor des HBPG. Außerdem anwesend waren Hausherrin Jutta Götzmann, Direktorin des Potsdam Museums, Christine Handke und Ilka Brombach vom Filmmuseum Potsdam – sowie zwei Newcomerinnen: Maria Schultz, die seit Juni die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße leitet, und Paola Malavassi, Direktorin des künftigen Museums Das Minsk.

Parallele Sorgen, gravierende Unterschiede, ähnliche Zukunftspläne

Gern hätte man auch gesehen, wie sich überregional strahlende Player wie die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und der privat finanzierte, weithin schillernde Publikumsmagnet Barberini in diese Runde einfügen. Denn auch wenn viel Zeit auf die Präsentation der jeweiligen Programme aufgewendet wurde: Der große Mehrwert des Abends war das Neben- und Miteinander dieser unterschiedlichen Häuser. Parallele Sorgen, gravierende Unterschiede, ähnliche Zukunftspläne, all das wurde hier sichtbar. Was alle umtreibt: Fragen der Digitalisierung, der Niedrigschwelligkeit, der Partizipation.

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Schon die Aufzählung der geladenen Direktor:innen zeigt: Potsdams Museumslandschaft ordnet sich neu. Und wo sich personell gerade nichts tut, stehen inhaltliche Neuausrichtungen an: Das Filmmuseum hat sich digital über die Plattform Kino2Online neu erfunden, eröffnet 2022 sein neues Schaudepot auf dem Filmparkgelände und plant eine neue Dauerausstellung für 2024. Das HBPG ist mitten drin im Prozess seiner inhaltlichen Neuausrichtung als „Education Center“, multimedial, interaktiv, barrierearm. Im Februar 2022 soll hier die neue Dauerausstellung eröffnen. 

Pandemie warf Potsdam Museum zurück

Das Potsdam Museum ist durch die Pandemie im Zeitplan zurückgeworfen worden: Einige Mitarbeiter:innen helfen noch immer im Gesundheitsamt aus. Der Sammlungsumzug an einen temporären Standort ist ab 2022 geplant, die Neuausrichtung der Dauerausstellung ab 2024 – und im Doppelhaushalt 2023/24 soll dann endlich auch entschieden werden, wohin das Potsdam Museum wachsen darf: ob mit einem Anbau am Alten Markt oder einer Dependance im neuen Kreativquartier. Direktorin Götzmann fordert einen Ort für lokale Kunst seit 2014.

Wie schnell Museumspläne sich umsetzen lassen, wenn private Gelder fließen, ist am Minsk zu sehen. 2019 kaufte Hasso Plattner den Bau, 2020 berief er Paola Malavassi zur Direktorin, im Frühjahr 2022 sollen die 900 Quadratmeter Ausstellungsfläche eröffnet werden: mit einer Doppelausstellung zu dem DDR-Künstler Wolfgang Mattheuer und dem Gegenwartskünstler Stan Douglas.

Angesichts solcher Zielstrebigkeit kann sich die vergleichsweise behäbige Kommune nur die Augen reiben, auch das wird hier erneut klar. „Toll, dass es das Barberini und das Minsk gibt“, sagt Markus Wicke vom Förderverein des Potsdam Museums im letzten, spannendsten Teil des Abends. „Aber es darf nicht damit aufhören.“ 

Museen müssen besser vernetzt werden

In der Abschlussdebatte wurden endlich nicht nur Potenziale beschworen, sondern auch Probleme deutlich. Die neuen Standards der Privatmuseen müssten Ansporn sein, so Wicke in Richtung Stadt, Aktivitäten der Museen stärker verschränkt, die Häuser besser vernetzt werden. Das gehe auch in Eigeninitiative, gab Susanne Köstering vom Museumsverband des Landes Brandenburg da zurück – und überhaupt seien ihr die vorgestellten Konzepte zu konstruiert, sollten Museen lieber spontan reagieren (was auch Kulturbeigeordnete Noosha Aubel (parteilos) anregte) und nicht aus Prinzip alle paar Jahre neue Dauerausstellungen stemmen. 

Für den Satz „Mir ist hier zu wenig Leben in der Bude“ erhielt sie vom Publikum Applaus. Die Abgeordnete Janny Armbruster (Grüne) schlug in eine ähnliche Kerbe und beantwortete die Frage, ob das Potsdam Museum in jetziger Form eigentlich ein Forum sei mit: „So sehe ich es nicht.“ Was wiederum Netzwerker Markus Wicke zu dem Kommentar verleitete, Abende wie diese führten dazu, dass seine Lust, das Stadtmuseum zu fördern, gerade einen Nullpunkt erreiche.

Als die Frage aus dem Publikum kommt, was Museen denn tun können, um die lebendigen Potsdamer Debatten wieder stärker abzubilden, herrscht einen Augenblick lang Stille auf dem Podium. Am Ende geht man in dem festen Vorhaben auseinander, diese drei Stunden seien nur der Auftakt für eine neue Qualität des Austauschs gewesen. 

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