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Der Potsdamer Songwriter Freddy Knörre  bei der Liedermacherliga im KuZe Potsdam.

© Steffen Geyer/promo

Potsdamer Liedermacher mit Debütalbum: Songs aus dem Wandschrank

Er singt über Schlaflosigkeit, über Fantasywelten und manchmal auch übers Masturbieren. Samstag stellt der Potsdamer Liedermacher Freddy Knoerre sein Debütalbum Schaltjahr“ im Kuze vor

Potsdam - Der Weg zu einem neuen Song führt bei Freddy Knoerre über den Wandschrank. Dort drinnen hat er seine geheimnisvolle Welt, in der Geschichten und Märchen über alltägliche und gar nicht mal alltägliche Begebenheiten behutsam zusammengefügt und mit Musik unterlegt werden. Es ist ein kleines Studio, ein Wandschrankstudio. Ursprünglich sei es nur so ein Abstellraum gewesen, in dem andere ihren Staubsauger parken. „Ich habe ein paar Regale angeschraubt und Kabel reingezogen – fertig ist das Wandschrankstudio.“ Manchmal sitze er nächtelang dort und nehme auf, erzählt der Potsdamer Liedermacher. 

„Ich liebe es, Harmonien mit meinem eigenen Gesang zu bauen, 80 Prozent meiner Backgroundgesänge habe ich selbst eingesungen“, sagt der 32-Jährige. Seine Lieder entstehen in unregelmäßiger Reihenfolge, aber immer wieder und ganz zuverlässig. Viele davon sind im Wandschrank kreiert worden und einige haben sich auch ins Repertoire des Potsdamer Liedermacherkollektivs ernstgemeint gefunden, zu dem Freddy Knoerre gehört. Er gibt auch Solokonzerte – nur an einem eigenen Album mangelte es bisher noch. Doch das ist jetzt anders: Am Samstag findet die Record-Release Party von Freddy Knoerres Debütalbum im Kuze statt. Passend zum Erscheinungstag am 29. Februar trägt es den Titel „Schaltjahr“. 

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Eine waschechte Märchenstimme

„Ja, ich habe mir diesen unglaublichen Marketinggag erlaubt“, freut sich Knoerre. Dabei sei der Song „Schaltjahr“, der sich natürlich auch auf dem Album befindet, schon lange fertig gewesen. Ein etwas zurechtgebogener Zufall also, dass dieses Jahr einen 29. Februar hat. 

Zunächst ist das Album – das derzeit bei seinem Braunschweiger Musikerkollegen Der Jerg zum finalen Abmischen weilt – nur digital erhältlich. Die CD wird bald folgen, auch Vinyl sei eine schöne Idee, findet Freddy Knoerre. Doch das sei vorerst nicht fest geplant. „Ich würde aber schon mal gern irgendwann meine Stimme mit einem Knistern von einer Platte hören.“ Vielleicht aber auch erst mal mit ernstgemeint. Ideen und Pläne habe er genug. Nicht nur mit ernstgemeint oder der einmal im Monat stattfindenden „Liedermacher Liga“ im Kuze, auch ein weiteres Soloprojekt sei schon in Arbeit: „Ich nehme gerade eine Zamonien-CD auf, das wird so eine Fan-Fiction“, erzählt er. Zamonien? Ja, angelehnt an den, von Schriftsteller Walter Moers erfundenen Kontinent, dem dieser schon zahlreiche Bücher widmete. 

Doch zunächst erst mal das neue Album „Schaltjahr“: Das kommt akustisch zunächst gar nicht wie eine Ein-Mann-mit-Wandergitarre-Show rüber, sondern ansprechend produziert mit Percussion und Backgroundgesang. Nicht selten ist das Album ganz auf die Stimme fokussiert. Die ist angenehm sonor mit ausgeprägter Tiefe, eine waschechte Märchenstimme eben, die aber auch bis ins Raue eines jungen Westernhagen changieren kann. Etwa wenn er im Song „Gruß und Kuss“ über die „liebe Nacht“ singt, wo Schlaflosigkeit auf die Kompliziertheit von Reimen und Wiederholungen trifft. Und zwischen lyrischen Scheinwelten eingebettet tauchen wie aus dem Nichts dadaistische Allegorien auf. Etwa wenn das Ich eines Morgens aufwacht und im Song „Kaltwachsstreifen“ alle Haare verliert – eingerahmt in einen trocken-galoppierenden Rhythmus. 

Freddy Knörre fotografiert im KuZe Potsdam.
Freddy Knörre fotografiert im KuZe Potsdam.

© Steffen Geyer/promo

"Musik soll mein Spaß sein, nicht meine Arbeit“

Neben dem Wandschrankstudio hat Knoerre auch noch andere magische Orte besucht: Der Song „Alles schläft“ etwa sei live an einer Felswand auf La Palma aufgenommen worden. Das hört man auch, flankiert von Wellenrauschen. Fernweh ist in den Titeln nur sporadisch zu erkennen. Die Stadt und die eigene Umgebung haben dagegen mit „Opposition“ – bei der im Hintergrund übrigens Rüdiger Bierhorst zu hören ist – eine kämpferisch-wehmütige Hymne erhalten. Er sei keiner, der ein Blatt vor den Mund nehme, sagt Freddy Knoerre über sich. Nein, er ist aber zugleich auch niemand, der mit der Tür ins Haus fällt: Sein Album ist ein ganz bewusst gezähmtes Debüt. 

Den pädagogischen Zeigefinger sucht man jedenfalls vergebens, eher noch den Mittelfinger, die Pointen sind stets hinter gut gewählten Worten versteckt. So viel muss der Erzieher und stellvertretende Hortleiter auch gar nicht in die Waagschale werfen, schon gar nicht bei einem Debütalbum. Das kann zum Konzert ja auch wieder ganz anders sein: „Ich wurde mal auf eine Firmenfeier eingeladen und sollte in einer großen Halle spielen“, erzählt er. Eine Gelegenheit also, um richtig auf den Putz zu hauen und „böse Lieder über Saufen und Onanie“ auszupacken. Die meisten der Anwesenden hätten ihn an diesem Abend gefeiert, nur die Obrigkeit habe böse geguckt. „Für die war das ein Skandalauftritt – von der nächsten Veranstaltung wurde ich glatt gestrichen“, freut er sich noch heute. 

Ob er sich nicht ganz auf die Musik konzentrieren wolle? Freddy Knoerre winkt ab: „Ich habe ja nichts dagegen, mal gefeiert zu werden, klar. Aber ich will nicht den Zwang, mit Musik meine Familie ernähren zu müssen.“ Er kenne die Geschichten von Musikern, die nur zwischen Songwriting und Touren schwanken. „Aber Musik soll mein Spaß sein, nicht meine Arbeit.“ Und diesen Spaß hat er mit Sicherheit am Samstag auf der Bühne des Kuze. 

>>Freddy Knoerre präsentiert am Samstag, 29. Februar, um 20 Uhr sein Debütalbum „Schaltjahr“ im Theatersaal des Kuze, Hermann-Elflein-Straße 10

Oliver Dietrich

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