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Joel Grip und Honsinger

© Jazzoffensive/promo

Potsdamer Jazzoffensive: Mit rotem Faden und Ungeheuer

Neustart für die Potsdamer Jazzoffensive: Die fünfte Ausgabe des Festivals setzt auf namhafte Musiker und konzentriert sich in der fabrik. Das liegt auch an den neuen Kuratoren.

Potsdam - Die Potsdamer Jazzoffensive verkleinert sich: Fand das auf moderne Klänge spezialisierte Jazzfestival in den vergangenen Jahren verteilt über die ganze Schiffbauergasse statt, so konzentriert sich die fünfte Ausgabe des Events ausschließlich auf die Räume der fabrik. Vom morgigen Freitag an bis Sonntag werden hier insgesamt sechs Konzerte beziehungsweise Performances sowie eine Party stattfinden, bei denen sich Altmeister wie der Berliner Jazz-Pianist Ulrich Gumpert ebenso in Klangabenteuer stürzen werden wie die Potsdamer Newcomer Three Your Mind, die ihren Stil als „Hydrazz“ bezeichnen – ein mehrköpfiges Ungeheuer aus experimentellem Jazz, Fusion, Breakbeat und Funk.

Auch inhaltlich heißt es: Weniger ist mehr, denn das Motto der diesjährigen Jazzoffensive lautet „Duos and other tiny units“. Für den Potsdamer Pianisten Nicolas Schulze von Jazzlab, der das Festival gemeinsam mit der Musikagentin Constanze Schliebs kuratiert, besitzen Duos und Trios eine ganz besondere Intimität, die erhöhte Aufmerksamkeit von allen Beteiligten fordert: „Man kann sich als Zuschauer nicht so leicht entziehen, nicht so leicht abschweifen. Die Konzentration ist stärker auf den einzelnen Musiker gerichtet“, sagt Schulze, der selbst in vielen Duos spielt. „Und es ist risikoreicher für die Musiker – man kann sich nicht so viele Fehler erlauben, wie bei einem großen Ensemble.“

"Three Your Mind" aus Potsdam.
"Three Your Mind" aus Potsdam.

© promo

Zwei neue Kuratoren

Mit den beiden neuen Kuratoren, die erstmals die inhaltliche Leitung der Jazzoffensive übernehmen, erhält das Festival einen Neustart: Schulze fördert seit Jahren mit dem Potsdamer Jazzlab – einer Reihe, die er 2013 ins Leben rief und die ebenfalls in der fabrik stattfindet – erfolgreich junge und experimentelle Musiker. Und Schliebs bringt als langjährige Agentin und Organisatorin des Jazz Improvise Meeting Festivals in China viel Erfahrung und Kontakte mit.

Für Schulze war klar, dass die Jazzoffensive ein neues Design benötigt: „In den vergangenen Jahren haben alle Häuser der Schiffbauergasse ein bisschen ihr eigenes Ding gemacht, da gab es nie einen roten Faden.“ Jeder habe sich Bands und Musiker eingeladen und es sei nicht ganz klar gewesen: Was ist eigentlich das Konzept des Festivals? Zudem habe die Aufteilung auf viele Spielstätten dazu geführt, dass sich das Publikum auf langen Wegen zwischen Waschhaus, fabrik, Theaterschiff, Hans Otto Theater und Fluxus-Museum regelrecht verlaufen habe. 200 Besucher kamen schätzungsweise zur vergangenen Jazzoffensive 2018, die neun Konzerte und eine Party umfasste.

Yuko Matsuyama.
Yuko Matsuyama.

© promo

Ein schärferes Profil

Auf Wunsch der fabrik hatte sich Schulze gemeinsam mit Schliebs der Neuausrichtung des Festivals angenommen. Die örtliche Konzentration auf die fabrik, die leichte Reduzierung der Konzerte sowie ein stärkeres Augenmerk auf bekanntere Namen sollen der Jazzoffensive ein schärferes Profil verleihen. Zu diesen Namen gehören Ulrich Gumpert, der als Fusion-Pionier die Jazz-Szene der DDR entscheidend mitgeprägt hat, aber auch Ulrike Haage, ehemaliges Mitglied der Popband Raindbirds und außerdem die erste Frau, die den Deutschen Jazzpreis gewonnen hat. 

Zusammen mit dem Filmmusik-Komponisten Christian Meyer wird sie am Samstag in einen Dialog aus Piano und Elektronik treten. Auch Thomas Fehlmann, der am selben Tag mit seinem DJ-Set den Abschluss der Jazzoffensive gestalten wird, ist kein Unbekannter: Als Mitgründer der legendären NDW-Band Palais Schaumburg, DJ im legendären Berliner Club Tresor und Mitglied des TechnoProjekts The Orb hat er markante Spuren in der deutschen Musiklandschaft hinterlassen.

Silke Eberhard und Uli Gumpert.
Silke Eberhard und Uli Gumpert.

© promo

„Wir sprühen schon vor Ideen für die nächsten Jahre!“

Doch auch der Rest des Programms ist hochkarätig und trägt eindeutig die Handschrift des Jazzlab-Leiters Schulze, die durch stilistische Offenheit und ungewöhnliche Konstellationen charakterisiert wird. Das gilt besonders für den Höhepunkt des Freitagabends, wenn die Tänzerin Yuko Matsuyama, die Cellistin Munsha und der Klanginstallateur, bildende Künstler und Instrumentenerfinder Bob Rutmann, der unter anderem schon mit den Einstürzenden Neubauten und Wim Wenders zusammengearbeitet hat, eine genreübergreifende Performance darbieten werden. Ähnlich ausgefallen dürfte aber auch das dadaistische Musiktheater von Tristan Honsinger und Joel Grip am selben Abend werden.

Auch wenn die Jazzoffensive dieses Jahr auf ein kleineres Format setzt – es soll nicht dabei bleiben: „Die Idee ist schon, das in Zukunft wieder auszuweiten und in mehreren Häusern zu spielen“, sagt Schulze. Entscheidend dafür sei allerdings auch eine stärkere Förderung von Seiten der Stadt und des Landes, damit zugkräftigere Headliner nach Potsdam geholt werden könnten. Die diesjährige Jazzoffensive wird von der Landeshauptstadt mit 16 000 Euro gefördert.

Schulze und Schliebs schauen jedenfalls hochmotiviert auf die Zukunft des Festivals: „Wir sprühen schon vor Ideen für die nächsten Jahre!“, sagt Schliebs.

>>Jazzoffensive, Festival vom 13. bis 14. Dezember, erstes Konzert am Freitag um 19.30 Uhr, Abschlussparty am Samstag ab 23 Uhr, in der fabrik, Schiffbauergasse, Tagesticket für Freitag ab 24 Euro, ermäßigt 12 Euro, Tagesticket für Samstag 30 Euro, ermäßigt 15 Euro, Ticket für das gesamte Festival 45 Euro

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