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Potsdam Museum zieht Bilanz zum Pilotprojekt: Siebzig Prozent mehr Besucher

Kostenloser Eintritt zieht Publikum, das hat die Testphase im Potsdam Museum gezeigt - zumindest die ersten drei Monate. Ob er aber auf Dauer neue Publikumsschichten generieren kann, ist fraglich. 

In den Monaten Mai, Juni, Juli hat sich das Potsdam Museum einem Praxistest unterzogen: Was passiert, wenn der Eintritt in die Dauerausstellung kostenlos ist? Nachdem diese Phase nun abgeschlossen ist, lässt sich klar sagen: Die Besucherzahlen steigen, und zwar erheblich – zumindest wenn der Zeitraum begrenzt ist. Das Potsdam Museum verbuchte seit Mai 70 Prozent mehr Besucher als im gleichen Zeitraum des Jahres zuvor. 2017 sahen sich in dieser Zeit 5250 Menschen die Dauerausstellung an. 2018 waren es 8934.

Das Pilotprojekt ging auf eine Initiative der Fraktion Die Linke zurück, der die Stadtverordneten im Juli 2017 zugestimmt hatten. Ziel war es, kulturelle Bildung für alle Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen – und die Besucherzahlen im Potsdam Museum zu erhöhen. Das Potsdam Museum nutzte die Testphase, um auch über die Profile der Besucher mehr zu erfahren. Vom Museum erstellte Fragebögen mit sechs Fragen lagen an der Kasse aus, man lud die Besucher ein, diese zu beantworten. „Etliche Hundert“ ließen sich Museumsleiterin Jutta Götzmann zufolge darauf ein. Das Museum übernahm selbst die Analyse und stellte die Ergebnisse jetzt öffentlich vor. 

74 Prozent der Befragten waren zum ersten Mal im Potsdam Museum

Dieser Anlayse zufolge ergaben die Befragungen, dass der freie Eintritt vor allem neue Besuchergruppen mobilisierte. 74 Prozent der Befragten waren Erstbesucher des Museums – wobei allerdings nur ein Drittel der Besucher angab, auch wegen des freien Eintritts ins Museum gekommen zu sein. Die Frage, ob sie willens wären, für die besuchte Ausstellung auch Eintritt zu zahlen, beantworteten 76 Prozent positiv. Einige Besucher kommentierten auch, welchen Preis sie zu zahlen bereit wären: Die Angaben variieren zwischen einem und „nicht mehr als fünf Euro“. Letzteres entspricht dem aktuellen Preis für ein Einzelticket für die Dauerausstellung. Insgesamt bestehe eine „relativ hohe“ Bereitschaft, Eintritt zu zahlen. Ein Drittel der Befragten gab zudem an, auch die kostenpflichtige Sonderausstellung zu besuchen.

Auch zu ihrer Herkunft wurden die Besucher vom Museum befragt. Demnach kommt die Hälfte aus der Region Berlin-Brandenburg, knapp vierzig Prozent sind Kulturtouristen aus anderen Bundesländern, 30 Prozent sind Potsdamer. Jutta Götzmann wertet dies als eine „gute Resonanz“ und ein Zeichen der Verankerung des Museums in der Stadt. Zudem sei es in der Testphase gelungen, mehr junge Potsdamer ins Museum zu locken – es kamen 33 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Diese Gruppe bewies auch das größte Interesse an einem Besuch der kostenpflichtigen Sonderausstellung. Am meisten wuchs allerdings eine andere, ebenfalls neue Zielgruppe an: die der über 40-jährigen Kulturtouristen aus anderen Bundesländern. Hier stieg der Zuspruch um über 90 Prozent.

Museumsferne Schichten bringt auch freier Eintritt nicht ins Museum 

So positiv diese Bilanz insgesamt ist, gibt Jutta Götzmann offen zu, dass man auch nach dieser Testphase einem wesentlichen Ziel des Museums noch nicht nähergekommen sei: der Erschließung sogenannter museumsferner Schichten. Diese, so Götzmanns Fazit, würden auch mit freiem Eintritt nicht oder eher selten angesprochen. „Hierzu“, sagt sie, „sind gezielte Vermittlungsprogramme – speziell für Schulen – notwendig.“ Auch gibt sie zu bedenken, dass der große Zuwachs von 70 Prozent nicht unbedingt die dauerhafte Entwicklung abzeichnet, sollte die Dauerausstellung künftig ohne Eintritt bleiben. Eine Kollegin vom Landesmuseum Württemberg habe von einem Besucheranstieg von 500 Prozent im ersten Monat berichtet – fünf Monate später war der Zuwachs auf fünf Prozent gesunken. 

All das gelte es zu bedenken, wenn die Stadtverordneten über die Eintrittsfrage im Potsdam Museum entscheiden. Wann, ist noch nicht klar. Im Übrigen gebe es auch Alternativen wie jene, nur einen Tag pro Woche oder Monat kostenlosen Eintritt zu gewähren. „Wir wollen die Menschen erreichen, das ist unser Ziel“, sagt Götzmann. Wie das geschehen soll, müsse jetzt diskutiert werden. Die Erfahrung dieses Frühsommers jedenfalls wird sich nicht mehr ausradieren lassen.

Lena Schneider

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