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War in Potsdam spazieren. Der Kleinmachnower Autor Holger Gumprecht liebt schöne Aussichten und begrüßt die städtebaulichen Veränderungen in Potsdam. 

© Martin Müller

"Potsdam. Abseits der Pfade" von Holger Gumprecht: Spaziergang mit Ausblick

Ein eher unbekanntes Belevedere, der Wissenschaftspark und lokale Gerichte:  Das Buch „Potsdam. Abseits der Pfade“ von Holger Gumprecht entdeckt Potsdam jenseits von Sanssouci.

Von Sarah Kugler

Das Belvedere auf dem Mühlenberg ist einer von Holger Gumprechts Lieblingsplätzen in Potsdam. Oberhalb des Winzerberges liegt der, in der Nähe der Löwenvilla und ist an und für sich recht unspektakulär. Aber die Aussicht! Die sei es wert, den Weg hügelaufwärts auf sich zu nehmen, sagt Gumprecht. Und schreibt es auch in seinem Buch „Potsdam. Abseits der Pfade“. In vier Kapiteln – jedes ist ein längerer Spaziergang – entdeckt er darin die Stadt jenseits von Sanssouci.

Sein Buch ist Teil einer Reihe des Wiener Braumüller Verlages, einige Städte wurden dort schon ‚Abseits der Pfade’ vorgestellt. Mit der Potsdams-Idee ist Gumprecht auf den Verlag zugegangen. Dabei stammt der 56-Jährige gar nicht von hier. „Aber mit meiner Geburtstadt Görlitz wäre ich bei dem Verlag nicht weit gekommen“, sagt er. Auch die Gemeinde Kleinmachnow, in der Gumprecht bereits seit über 20 Jahren lebt, wäre für mögliche Verkaufszahlen wenig lukrativ gewesen. Außerdem sei er mit Potsdam bereits seit den 1980er Jahren verbunden.

„Eine DDR-Bezirkshauptstadt eben: grau und öde.“

Damals leistete er seinen Wehrdienst in Brandenburg/Havel und fuhr ab und an nach Potsdam. „Erlaubt war das eigentlich nicht, aber so habe ich die Stadt kennengelernt“, sagt Gumprecht. Es war ein anderes, ein tristeres Potsdam. „Eine DDR-Bezirkshauptstadt eben: grau und öde.“ Die aktuellen städtebaulichen Entwicklungen begrüßt er deswegen. Den Bau des Landtagsschlosses fand er gut, den Abriss der alten Fachhochschule am Alten Markt ebenso: „Gott sei Dank, sage ich da nur.“ Das Minsk allerdings sähe er gerne restauriert.

Dort ist er vor der Wende noch selbst eingekehrt. An das Essen kann er sich zwar nicht mehr erinnern, wie er in seinem Buch schreibt, aber „der fantastische Panoramablick auf die Potsdamer Innenstadt bleibt mir unvergesslich“. 

Die schönen Aussichten Potsdams

Überhaupt sind es die besonderen Blicke, die Gumprecht an Potsdam faszinieren. Nicht alle sind dabei so abseits der Pfade wie das Mühlenberg-Belvedere, doch Sanssouci kommt in seinem Buch tatsächlich nicht vor. „Das war eine No-Go-Area“, sagt er und lacht. 

Der Potsdam-Führer ist nach „’New Weimar’ unter Palmen. Deutsche Schriftsteller im kalifornischen Exil“ und „Israel. Literarische Spaziergänge“ Gumprechts drittes Buch. Ein viertes ist gerade in Arbeit. Auch eine Neuauflages des Potsdam-Buches ist geplant. Denn: „Potsdamer verändert sich so schnell, manches bedarf einer Aktualisierung.“ Gumprecht hat nach einem Anglistik- und Politikwissenschaftsstudium lange Zeit als freier Journalist für mehrere Zeitungen gearbeitet. Inzwischen lebt er von seinen Büchern. „So gut es eben geht“, wie er sagt.

Mystische Muschelgrotte im Neuen Garten

Für „Potsdam. Abseits der Pfade“ ist er etwa ein halbes Jahr immer wieder in der Stadt spazieren gegangen. Seine vier Kapitel sind theoretisch jeweils an einem Tag absolvierbar, allerdings nur mit temporeichem Schritt. „Wer sich etwa die Museen oder verschiedenen Einrichtungen intensiv ansehen möchte, braucht mehr Zeit“, sagt er. Etwa die Gedenkstätte in der Lindenstraße, den Wissenschaftspark auf dem Telegrafenberg oder auch das Fontane-Archiv am Neuen Garten.

Hier findet sich auch ein weiterer Lieblingsort Gumprechts: die Muschelgrotte. Dort soll der Überlieferung zufolge der mystisch interessierte Friedrich Wilhelm II. Séancen abgehalten haben. Ein Blick durch die Fenster lässt die einstige Spiegelpracht im Inneren erahnen – und draußen ergießt sich der schöne Blick auf den Jungfernsee.

Havel-Aal und Königskuchen

Wer möchte, kann dort auch gleich picknicken. Rezepte bietet das Buch nämlich auch, das gehört zum Konzept der „Abseits“-Reihe. Vorspeise, Zwischengang, Hauptspeise und Dessert werden angeboten. Letzteres, der Potsdamer Königskuchen mit Sultaninen und Korinthen, eignet sich gut zum Mitnehmen. Die Erbsensuppe mit Havelkrebsen, der Havel-Aal in Dill-Sahne-Soße oder das Kavalleriestück vom Pferdefohlen bereiten sich doch besser daheim zu. Alle vier Rezepte seien original aus Potsdam, wie Gumprecht versichert. „Sie sind natürlich etwas speziell“, gibt er zu, probiert habe er sie aber alle. „Aal kenne ich noch von meiner Mutter, den mag ich.“

Wer doch lieber auf Vertrauteres zurückgreift, findet in Gumprechts Buch auch gastronomische Tipps: Neben der bekannteren Meierei im Neuen Garten ist auch das vegane Rosenberg-Restaurant in der Dortustraße oder das Café Freundlich auf dem Telegrafenberg dabei. Auch dort ist der Ausblick hübsch, mit dem auf dem Mühlenberg-Belvedere kann er allerdings nicht ganz mithalten. 


Holger Gumprecht: „Potsdam. Abseits der Pfade.“ Braumüller Verlag, Wien 2018. Taschenbuch, 192 Seiten, 14,90 Euro.

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