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Podiumsdiskussion im Barberini Potsdam: Schmeißt eure Smartphones weg!

Im Museum Barberini fand am Mittwochabend eine Diskussion zum Thema "Die Welt als Bühne" statt. Mit von der Partie war unter anderem Sozialpsychologe Harald Welzer.

Von Helena Davenport

Potsdam - Die Welt eine große Bühne, ihre Bewohner allesamt Darsteller. So malte Max Beckmann seine Umgebung und sich selbst positionierte er immer wieder inmitten dieses Schauspiels. Am Dienstagabend trafen sich der Politiker Cem Özdemir (Grüne), Schauspieler Ulrich Matthes, Moderatorin Sandra Rieß und der Sozialpsychologe Harald Welzer vor Publikum im Museum Barberini, um Beckmanns Motiv gewissermaßen zurück auf die politische Realität zu übertragen. Jo Schück, Moderator des ZDF-Kulturmagazins Aspekte, eröffnete die Runde: Welche Rollen spielen wir in diesem großen Theater?

Die eigene Rolle habe viel mit Selbstdarstellung zu tun, begann Özdemir - und schon lag der Fokus auf den Sozialen Medien. Der Grünen-Politiker benutzt einmal am Tag Twitter, einmal die Woche Facebook. Mit Instagram könne seine elfjährige Tochter allerdings viel besser umgehen. Schon hatte er die Lacher auf seiner Seite. Nach einer kurzen Schwäbel-Einlage war seine Rolle als Familienmann perfekt.

Ehrlichkeit zählt nicht mehr

Auch um das Thema Authentizität drehte sich die Diskussion. Er sehe sich als Politiker von den Medien gezwungen, schärfer zu formulieren, sagte Özdemir. Denn: ohne Zuspitzungen keine Klicks. Rieß warf ein Beispiel in den Raum, bei dem ein potenzieller Wähler sich von dem Unwissen eines jungen Politikers abschrecken ließ – obwohl der Politiker betont habe, die fehlenden Informationen noch einzuholen. Ehrlichkeit zähle nicht, stattdessen gelte es, sich richtig in Szene zu setzen, folgerte Rieß.

„Demokratie funktioniert nur mit Privatheit“, betonte Welzer. Aber die werde durch die Sozialen Medien aufgelöst. Man müsse über die Konsequenzen nachdenken. Allerdings habe eine Diskussion keinen Sinn, wenn die Beteiligten im direkten Anschluss das Facebookprofil checken. In ebendieser Doppelmoral versickere das Politische. Ob da vielleicht eine App für kritisches Bewusstsein helfen könnte, fragte Welzer mit breitem Grinsen. Sein ernsthafter Vorschlag: Die digitale Welt muss entmystifiziert werden. Für einen Neunjährigen, der mit der digitalen Welt aufwächst, sei das Netz nichts Besonderes. Und so sei er in der Lage, es zu kritisieren. "Schmeißt eure Smartphones weg!", das würde er gern raten, so Welzer. Allerdings habe aktuell ja sowieso kaum jemand ein Smartphone dabei, sagte er angesichts des hohen Durchschnittsalters im Saal. Der geballten Kritik an der digitalen Welt setzte in der Tat niemand etwas entgegen.

Gegen Ende gab es dann doch noch etwas Beckmann. Matthes zitierte den Künstler: „(...) es ist aber wirklich die Realität, die das eigentliche Mysterium des Daseins bildet!“ Was für ein Zufall - auch der Moderator wollte mit diesem Zitat schließen. Auch der museale Rahmen schaffte es nicht, die Diskussion auf eine freiere Ebene zu hieven. Und Beckmann behält Recht.

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