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Peter and the Test Tube Babies im Waschhaus: Angst vorm Nüchternsein

Manchmal ist ein Vakuum der beste Untergrund, um etwas Neues entstehen zu lassen – so wie das, was Ende der 1970er-Jahre im Königreich Großbritannien entstand. Dazu gehört natürlich ein bisschen Selbstreflexion.

Manchmal ist ein Vakuum der beste Untergrund, um etwas Neues entstehen zu lassen – so wie das, was Ende der 1970er-Jahre im Königreich Großbritannien entstand. Dazu gehört natürlich ein bisschen Selbstreflexion. Die Angelsachsen waren ihrer Zeit musikalisch schon immer etwas voraus: Die Beatles lösten den Jazz ab, Black Sabbath traten den Heavy Metal los, New Wave, Pop – und alles irgendwie verdammt britisch.

Vergänglich war das Ganze auch, aber dieses „Punks Not Dead“ hat trotzdem immer noch so viel zeitlosen Schlachtrufcharakter, dass ein Konzert von Peter and the Test Tube Babies auch knapp 40 Jahre nach der Gründung noch einen Spirit in sich trägt, der erahnen lässt, was damals los war. Und in Potsdam gastieren sie dann auch noch im Waschhaus: Der Laden trägt doch denselben Geist, dieses Noch-nicht-ganz-Tot und Immer-noch-Da. In Sachen Authentizität geht der Punkt jedoch ganz klar an die britische Band.

Peter and the Test Tube Babies brachte nämlich schon 1978 mit dem Song „Elvis is dead“ – also „Elvis ist tot“ – eine Hommage an die Vergänglichkeit heraus. Damals, als Punkrock noch dieses anspruchslose Stakkatogewitter war, das es so schön eingängig und in jedem Fall „anti“ machte. Tanzen wollte die Generation, in England wurde dazu gesoffen bis zum Umfallen: „Pissed and Proud“ hieß das erste Album der Band, was man mit nichts weniger als „besoffen und stolz“ übersetzen kann. Die Ansage: Wider die Komposition! Mehr noch: Realitätsverlust als banale Metapher für Musik. Revolutionär war das ohne Frage. Wie sonst kam man als Band dazu, Alben mit Titeln wie „Soberphobia“ rauszubringen – die Angst vorm Nüchternsein. Da mag sich die Queen vor Schreck gleich einen Gin eingekippt haben.

Anscheinend hat die „Soberphobia“ allerdings nicht gereicht, um sich ins punkhistorisch legitime Nirwana zu beamen, was einen frühen Tod auf der Eingangstreppe des Dorfpubs bedeutet hätte, die Oberhand der Leberzirrhose über die Kreativität. Es wäre auch schade gewesen: Immerhin gehören Peter and The Test Tube Babies heute noch zu den Pionieren der Musikrichtung, die nie in den musikhistorischen Kanon aufgenommen werden wollte. Und es trotzdem wurde.

Am heutigen Donnerstag ist die Band, die Freunde wie Campino von den Toten Hosen und Olga von den Toy Dolls zu ihren Langzeitunterstützern zählt, auf ihrer Europatour im Waschhaus. Und im nächsten Jahr gibt es sogar ein neues Album. Falsch machen kann man bei diesem Konzert jedenfalls nichts: Das Vorprogramm listet alles auf, was Rang und Namen hat. Mit dabei sind die Berlin Blackouts, die aus Radio Dead Ones entstanden sind, sowie Nobelschrott, selbst ernannte „Schönmösenpunkrockband“ aus der Nachbarstadt und Cherry Bomb aus Potsdam. Wie schön, dass man auch ohne nietenbesetzte Lederjacke und Bierdose ins Waschhaus kommt. 

Peter and the Test Tube Babies spielen heute Abend im Waschhaus, Schiffbauergasse 6. Karten an der Abendkasse kosten 24 Euro. Einlass ist um 19 Uhr

Oliver Dietrich

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