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Ostern in Potsdam mit der Kammerakademie: Musikalisch top, visuell ein Flop

Französische Galanterie, italienischer Charme und länderübergreifender Esprit, tiefste musikalische Empfindungen: All das fand im Osterkonzert der Kammerakademie Potsdam am Karsamstag im Nikolaisaal gekonnt zueinander. Im zweiten Teil des Konzerts lenkte ein stummer Dialog von der Musik ab.

Potsdam - Barockkomponisten aus Frankreich und Italien hatten für das Programm „Stabat Mater theatral“ am Karsamstag die Zutaten geliefert. Für den zweiten Teil des Konzerts steuerte Giovanni Battista Pergolesi seine „Stabat Mater“-Vertonung bei. Doch davon später. Zunächst entfachten die Musiker unter der musikalischen Anleitung des Alte-Musik-Spezialisten Werner Ehrhardt ein Feuerwerk aus rauschhafter, farbenfunkelnder, straff geführter Musizierlust. Ohne akademische Tüfteleien, dafür mit viel Liebe für den Sinngehalt und den Finessenreichtum der Kompositionen. Ein apart ausstaffierter Klangkörper ließ die Passacaille aus „Armide“ von Jean-Baptiste Lully in all ihren raffinierten Details deutlich hervortreten. Klitzekleine Vibratozutaten erwiesen sich dabei plötzlich als riesengroße Ausdrucksverstärkungen. Meisterlich, wie Werner Eberhardt die Alte Musik auf modernen Instrumenten sehr lebendig und klangüberzeugend ausführen ließ und die Kammerakademisten für solche Vorgehensweise restlos begeistert konnte. 

Lustvolles Muszieren und instrumentales Raffinement 

So auch fürs D-Dur-Concerto à più instrumenti op.5 Nr.6 von Evaristo Felice Dall’Abaco, in dem sich italienischer und französischer Stil glänzend mischen. Präzise wurde die Terrassendynamik in diesem Streicheropus gepflegt, war das kecke, überschäumende und zärtliche Musizieren. Nicht weniger lustvoll erklang eine speziell zusammengestellte Suite aus der Ballett-Oper „Les Indes galantes“ von Jean-Philippe Rameau, die sich als musikalisch-ethnologischer Ausflug in die Türkei, nach Peru, Persien und zu den Indianern Nordamerikas entpuppte: Rauchen der Friedenspfeife (als Rondeau) und einem Menuett für die Amazonas-Krieger eingeschlossen. Von näselnder Oboenschicklichkeit über die klangschlanken Streicher bis zum feurigen Trompetenglanz gaben sich alle dem instrumentalen Raffinement hin. 

Reißerisches "theatrales" Unterfangen im zweiten Konzerteil 

Danach war Pergolesis „Stabat Mater“ an der Reihe. Jene Vertonung der lateinischen Hymne, die die Gefühle eines namenlosen Betenden bei der Betrachtung von Marias Leid im Angesicht der Passion Jesu am Kreuz beschreibt: „Stand die Mutter schmerzgebeugt …“. Lyrisch, ausdrucksstark und tröstlich vertont, drückten sich Herzensangst und Mutterliebe, Klage und gläubige Hoffnung auf geradezu überwältigende Weise aus. Eine Musik also, die durch sich selbst spricht und wirkt. Und sowohl von den Musikern als auch den intonationsrein miteinander harmonisierenden Stimmen von Katja Stuber (Sopran) und Franz Vitzthum (Altus) dargeboten wurde. Was also sollte das unsäglich sinnlose, geradezu reißerische „theatrale“ Unterfangen der Regisseurin Lydia Steier, vor dem Orchester ein Küchentisch mit zwei Stühlen zu platzieren, damit dort zwei Mimen (Manon Kahle, Tomas Spencer) einen stummen Dialog führen – mit Stampfkaffee, Milchkrug, provozierendem Besteckklappern und Müslischachtel. Per Kamera gefilmt, erschien das Optische auf einen Riesenbildschirm, von der Musik total ablenkend. „Weg mit dem Paar da vorn, das stört nur“, ertönte lautstark vielstimmiger Publikumsprotest. Banale Alltäglichkeit (Jesus beim Frühstück mit der Mutter?) trifft auf Trauerklage und erschlägt sie. Zum Schluss wurden die Musiker enthusiastisch gefeiert, die Mimen dagegen vom Publikum mit einem regelrechten Shitstorm überschüttet. 

Peter Buske

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