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Orgelsommer-Konzert mit Dirk Elsemann: Faszinierender Improvisator in vielen Stilen

Fürs Improvisieren muss man geboren sein oder im Laufe der Jahre einen speziellen Nerv entwickelt haben. Im Kleinen (des Alltags) wie im Großen (der Kunst).

Fürs Improvisieren muss man geboren sein oder im Laufe der Jahre einen speziellen Nerv entwickelt haben. Im Kleinen (des Alltags) wie im Großen (der Kunst). Zu einem Meister in der Verarbeitung eines spontanen Einfalls im Dienste der Frau Musica hat sich Dirk Elsemann entwickelt – der mit sieben Jahren ersten Orgelunterricht erhält, zehn Jahre später schon einen ersten Preis im Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ gewinnt. Danach besucht er Meisterkurse, studiert in Düsseldorf und Berlin das Fach Kirchenmusik und ist seit nunmehr 17 Jahren in diesem Beruf an der katholischen Kirche Heilig Kreuz in Berlin-Wilmersdorf tätig. So ganz nebenbei macht er sein Konzertexamen in Orgelimprovisation, wird Dozent für Improvisation an der Universität der Künste Berlin (UdK) und an der Musikhochschule in Hannover. Zudem tourt er europaweit und hat am vergangenen Mittwoch im Rahmen des Orgelsommers in der Erlöserkirche einen Einblick in sein faszinierendes Können gegeben. Mit einem Programm, das nur „Improvisation pur“ bietet und gleichzeitig reizvolle Lektionen in Sachen Stilkunde und Formenvielfalt erteilt.

Doch wenn man sich ins Stegreifabenteuer begibt, braucht es eines zündenden Einfalls. Anders als bei den bisherigen Orgelsommer-Konzerten erbittet er für den gesamten Verlauf des Abends passende Themen, über die er zu fabulieren gedenkt. Das Publikum liefert, er wählt aus. Johannes Lang, Chef des Orgelsommerfestivals, verkündet das Wahlergebnis und die Zuordnung der Themen zu den einzelnen Programmabschnitten. Da weiß man nun ganz genau, woher der Improvisationswind weht. Um keine Spielzeit zu verlieren, hat Lang dem Organisten mit dem mittelalterlichen Hymnus „Christe, du Schöpfer aller Welt“ das Thema für die eingangs offerierte „Suite française im klassischen Stil“ vorgegeben. Einprägsam ist er nicht gerade, um ihn in sechs Satzversionen zu entdecken. Klar, strahlend und ohne schärfliche Direktheit tönt die barockdisponierte Schuke-Orgel, auf der Elsemann mit seiner Registerwahl die farbenfrohe Rhetorik des franko-typischen Soundstils vorzüglich trifft.

Für „Concerto & Fuge im deutschen Barockstil“ wird das „Geh’ aus mein Herz“- Thema mit Hilfe von Prinzipalstimmen fröhlich hingemeißelt und straff artikuliert – Bach hätte seine Freude gehabt. In selbigem Stil zeigt sich ebenso die Form der mehrsätzigen Choralpartita über die Vorgabe „Jesu meine Freude“, die verzierungsreich, verspielt, elegisch und mit Vibrato angereichert, sich als ein reich koloriertes Klangaquarell wiederfindet. Um „Phantasie & Fuge im deutsch-romantischen Stil“ zu versinnbildlichen, wird das katholische Marienlied „Sagt an, wer ist denn diese“ in die gefühlsintensive Schwellwerk-Mangel genommen und auf die Suche nach der Blauen Blume der Romantik geschickt. In „Drei symphonischen Skizzen im französisch-impressionistischen Stil“ sind es die Themen „B-A-C-H“, „Ave Maria“ und „In meinem kleinen Apfel“, die den Stoff für die Elsemannschen Fantasiearbeiten liefern und von ihm in entsprechende Klangvisionen verwandelt werden.

Peter Buske

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