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Orchesterwoche Potsdam: Romantischer geht’s nimmer

Zu Gast in Paretz: Die Orchesterwoche Potsdam

Drei Kompositionen, die an fünf Tagen konzentriert unter die Lupe genommen und für Konzertauftritte vorbereitet werden: Das ist das Prinzip der Orchesterwoche Potsdam. Vor 43 Jahren wurde das von der Hoffbauerstiftung unterstützte Liebhaberorchester gegründet. Kantor Dietrich Schönherr hat dem Klangkörper, der sich in den Sommerferien für eine Woche auf Hermannswerder trifft, eine gute klangliche Basis gegeben, der Musikpädagoge und Dirigent vom Evangelischen Gymnasium Hermannswerder, Matthias Salge, führt sie seit sechs Jahren mit Erfolg weiter.

Die vier Konzerte der Orchesterwoche fanden auch in diesem Jahr wieder in der Klosterkirche Lehnin, der Inselkirche Herrmannswerder, in Paretz sowie am gestrigen Sonntag zum Abschluss in der Friedenskirche Sanssouci statt. Am Samstagabend waren die Musikerinnen und Musiker bei schönstem Sommerwetter zu Gast in Paretz. Jedoch musizierte man nicht wie angekündigt am Schloss der Königin Luise, also am Freien, sondern in der Kulturscheune. In der war es zwar heiß und stickig, dafür wartete sie mit einer soliden Akustik auf.

Die Potsdamer Orchesterwoche hat etwa 90 Mitglieder, da muss die Balance innerhalb der Stimmgruppen gewahrt werden. Leiter Matthias Salge gelingt es weitgehend, einen ausgeglichenen Klang herzustellen, obwohl die Streicher gegenüber den Bläsern in der Überzahl sind. Nur die scharf geblasenen Flöten fallen aus der Rolle, sind drauf und dran, dem insgesamt weich getönten Klang eine unangemessene Härte zu geben.

Die Werkauswahl, die Salge vorlegt – Kompositionen des dänischen Romantikers Niels Wilhelm Gade, des Spätromantikers Edouard Lalo aus Frankreich und des Österreichers Felix Weingartner – ist einen Konzertbesuch wert. Die Werke, die bei Orchestern und Dirigenten weitgehend in der zweiten Reihe stehen, lohnen es, gespielt zu werden. Die ungebrochene Schönheit von Gades Ouvertüre op. 1 a-Moll „Nachklänge von Ossian“ stellten der Dirigent und das Orchester mit frischer Spannkraft glücklich zur Schau. Im anschließenden Cellokonzert in d-Moll von Edouard Lalo hatte die in Leipzig studierende und mit mehreren Preisen ausgezeichnete achtzehnjährige Solistin Elisabeth Kogan Priorität.

Sie gab dem Werk, in dem der Franzose 1877 auf spanische folkloristische Themen und Melodieverläufe dezent zurückgreift, mit warmem Celloklang eine schöne Melancholie. Süßlichkeit, die sich schnell dabei einstellen kann, blieb außen vor. Sie gab dem Werk mit warmem Celloklang eine schöne Melancholie. Elisabeth Kogan vermochte bereits eine ganze Mange an klangfarblichen Schattierungen aufzufahren, die sicherlich im Laufe ihrer solistischen Laufbahn eine noch größere Souveränität erhalten werden. Bei Matthias Salge und dem Orchester wusste Elisabeth Kogan sich hörbar gut aufgehoben.

Matthias Salge bewahrte auch in Felix Weingartners 1. Sinfonie in G-Dur – eine handwerklich solide und einfallsreiche Komposition, die mit großen Bögen ausgestattet ist – stets die Übersicht. Das Orchester spielte das Werk flüssig und versuchte, ihm eine variable Tongebung zu verleihen. Doch war die Konzentration im vierten Satz nicht mehr ganz so frisch wie anfangs, sodass die satten Orchestereffekte etwas schlapp wirkten. Der Beifall war groß, für die Zugabe bereitete sich die Orchesterwoche auf Offenbachs Barcarole aus „Hoffmanns Erzählungen“ vor. Romantischer geht’s nimmer.

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