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Ophelia kann schwimmen: Deborah Schmidt stellt im Rechenzentrum aus

Da schau her, Frau in Privatsphäre!, ruft dieses Genre. So ungefähr rufen das auch die Bilder von Deborah Schmidt, die in der Ausstellung „Die Party ist over“ noch bis Sonntag im Rechenzentrum zu sehen sind – und doch könnten sie dem beschriebenen Gestus ferner nicht sein.

Die Badende gehört zu den klassischen Motiven der Malerei. Normalerweise sieht das so aus: Nackte Frauen, denen das lange offene Haar über dralle Brüste und runde Schultern fällt, gesenkte Blicke, gerne auch Rückenansichten auf eine gerade im privatesten aller Momente überraschte Nackte. Da schau her, Frau in Privatsphäre!, ruft dieses Genre. So ungefähr rufen das auch die Bilder von Deborah Schmidt, die in der Ausstellung „Die Party ist over“ noch bis Sonntag im Rechenzentrum zu sehen sind – und doch könnten sie dem beschriebenen Gestus ferner nicht sein.

Auch die Berliner Künstlerin Deborah Schmidt, die in einem parallelen Leben Kunsterziehung an einer Kreuzberger Schule lehrt, hat eine Badende gemalt. Aber die Badende von Deborah Schmidt („Ohne Titel“, 2017) ist keine verschämt sich Abwendende, keine Tagträumerin, sondern eine Schwimmerin in schwarzem Badeanzug. In kräftigen Zügen scheint sie sich voranzubewegen, kopfüber auf den Betrachter zu. Arme und Beine sind nur zu ahnen, das Gesicht hingegen, die geschlossenen Augen, der konzentrierte Mund, ist deutlich zu erkennen. Ein bisschen erinnert das an eine zeitgenössische Variante des Ophelia-Motivs, noch so ein Frauenbild-Klassiker in der bildenden Kunst: Hamlets tote Geliebte, die im düsteren Wasser dahingleitet, umflossen von Blumen. Die Wasser sind auch bei Deborah Schmidt unheilvoll düster. Aber: Die Ophelia hier treibt nicht, sie schwimmt.

Überhaupt sind Deborah Schmidts Körper, die die Kuratorin Katrin Schmidt, eine Namensvetterin, in der kleinen Schau versammelt hat, eines nicht: passiv. Sie sind immer in Bewegung, beim Umziehen, beim Küssen, in der Umarmung, beim Tanzen, beim Fallen. Oft scheint da Verzweiflung durch, Erschöpfung, manchmal Humor. Oft sind die Körper weiblich, manchmal weiß man es nicht, einmal, wie in „Gegen den Strich“, sieht man einen Mann, der mal eine Frau war. Das kann man wissen, ebenso wie man dem kuratorischen Ansinnen der Schau folgen und queerfeministische Aussagen darin suchen (und sie auch finden) kann. Das eigentlich Großartige aber an dieser Kunst ist, dass sie keine Erklärung braucht. Dass sie einen anspringt in ihrer Körperlichkeit, Zartheit und Kraft – ob man will oder nicht. Eine Entdeckung. 

„Die Party ist over“, bis Sonntag im Rechenzentrum. Am Sonntag von 16 bis 19 Uhr findet in Anwesenheit der Künstlerin die Finissage statt

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