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Kultur: Opernsatt

Italienische Musik in Sanssoucis Friedenskirche mit dem Oratorienchor

Das Gloria, der Lobpreis Gottes, bildete den Mittelpunkt des Konzerts des Oratorienchores Potsdam in der Friedenskirche Sanssouci. Stilistische Gegensätze prallten aufeinander, um deutlich zu machen: Das Gotteslob ist jederzeit aktuell. „Gloria“, das bedeutendste geistliche Werk des Barockmeisters Antonio Vivaldi und die Messa di gloria von Giacomo Puccini, einem Vertreter des Verismo, standen auf dem Programm. Italienische Musik, die in dem Gotteshaus mit seiner einzigartigen italienisierenden Atmosphäre besonders authentisch wirkte.

Leider musste Kantor Joachim Walter aus Krankheitsgründen absagen. Das Dirigat übernahm kurzfristig Tobias Scheetz. Der Kirchenmusiker ist mit dem Oratorienchor gut vertraut. Er leitete ihn bereits in der Interimszeit. So war in dem Konzert das wunderbare Einvernehmen zwischen Chor und Tobias Scheetz zu spüren. Einprägsam gestaltete sich besonders die Puccini-Messe. Es handelt sich bei dieser Messkomposition um die ehrgeizige Arbeit eines 21-Jährigen. Die Uraufführung fand 1880 in Puccinis Heimatstadt Lucca statt. Er knüpfte darin an die kirchenmusikalische Tradition seiner Familie an und verwandte zugleich die modernen Ausdrucksmittel seiner Zeit. Der vertraute Umgang mit festlicher Kirchenmusik und strengen Formen des Kontrapunkts verbindet er mit einem persönlichen musikalischen Stil und einer Erfindungsgabe für Melodien und Klänge, die bereits seine Meisterschaft der späteren Opernmusik enthüllen. Puccini muss sein Werk gefallen haben, denn er griff in seinem Opernschaffen auf Teile der Messe zurück. Die Solisten-Besetzung sieht nur Männerstimmen vor.

In der Friedenskirche schlug sich der Tenor Roberto Gionfridodo tapfer durch die schwierige Arie „Gratias agimus“ und ließ mit zuweilen dramatischem Impetus viel Gefühl hören. James Tolksdorf, Bariton, sang mit Kraft und vokaler Eleganz. Wunderbar etwa sein formvollendetes, gestrafftes „Qui tollis“. Fast opernsatt wurde unter Scheetz musiziert, wobei der erhebend singende Oratorienchor sowie das Philharmonische Orchester Cottbus den glorios-wuchtigen Pomp allzu sehr bevorzugten, bei dem der leise Schluss dann doch für Überraschung sorgte.

Vom Oratorienchor ist wohl eher keine Barockmusik-Interpretation in Richtung historisch informierter Aufführungspraxis zu erwarten. Das wurde an diesem Abend deutlich. Zu wenig transparent sang der große Chor seine Partie in Antonio Vivaldis „Gloria“. Die Begleitung des Orchesters geriet streckenweise zu hölzern. Die Solistinnen Martina Schilling, Sopran, und Geneviève Tschumi, Mezzosopran, gefielen zwar durch das angenehme Timbre ihrer Stimmen, doch sangen sie so, als seien sie in einem Korsett gefangen, das ihnen wenig Gestaltungsspielraum ließ. Insgesamt fehlte der Wiedergabe der barock-beschwingte Eindruck, der nachwirkt. Es schien, als ob der gesamte Aufführungsapparat schon ganz auf Puccini fokussiert war.

Zwischen Vivaldi und Puccini musizierte das Philharmonische Orchester Cottbus unter Tobias Scheetz' Dirigat das weltberühmte Intermezzo sinfonico aus Pietro Mascagnis am Osterfest spielende Verismo-Oper „Cavalleria rusticana“ mit Feingefühl und Wärme, das bei so manchem Hörer Gänsehut hervorrief und ihn geistig nach Italien und zu dessen Flair trug.

Der finale Beifall war für alle Mitwirkenden anhaltend. Er galt vor allem auch Tobias Scheetz, der mit seinem engagierten Einsatz das Konzert gerettet hat.

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