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Ob mit oder ohne Gitarre: Olli Schulz redet gern.

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Olli Schulz im Lindenpark: Die zwei Gesichter des Olli S.

Showman Olli Schulz meisterte am Mittwoch im Lindenpark bravourös den schmalen Pfad zwischen schlageresker Peinlichkeit und routinierter Unterhaltung.

Der Tenor nach dem Konzert von Olli Schulz am Mittwoch im Lindenpark war unter den Anwesenden recht eindeutig: Man fühlte sich gut gelaunt unterhalten, und ein wenig Musik war auch dabei. Der Breitband-Entertainer Schulz hatte sich mal wieder in Potsdam eingefunden, die Gitarre umgeschnallt und konnte auf ein gut gefülltes Haus blicken, in dem er die Erwartungen an ihn nicht enttäuschte. Wie auch: Schulz und ein Mikrofon, das ist eine unzertrennliche Einheit, die perfekt aufeinander abgestimmt ist.

Schulz redete viel, und für dieses schnodderige Krawall-Gesülze über Erlebnisse mit Wasserflaschen beim U2-Konzert Anfang der Neunziger oder seine familiäre Beeinflussung seitens des Großvaters konnte er nur Dankbarkeit und aufrichtiges Lachen ernten. Das Konzept, dieses verbalisierte Dauerfeuer mit Entspannungsmusik aufzulockern, ist nicht unbeabsichtigt an gute Radiomoderation angelehnt – nur dass Schulz eben kurzerhand selbst die Musik übernimmt. Allerdings hat diese nicht mehr als schlageresken Unterhaltungscharakter – Hand aufs Herz: Songs wie „Unsichtbarer Vogel“, „Verhaftet wegen sexy“ oder Textzeilen wie „Ist das deine Zunge in meinem Mund, zieh sie nicht so schnell raus, das wäre ungesund“ oder „Man bleibt so lange einsam, bis man lernt, allein zu sein“ befinden sich in einem Korridor, der durchaus als peinlich empfunden werden könnte. Und dabei offenbaren sich die zwei Gesichter des Bühnensüchtigen: das Schmalzige der Musik Hamburger Schule – er ließ sich auf der Bühne von Indie-Sternchen Gisbert zu Knyphausen unterstützen – traf auf pointierte Anmoderationen, die er mit seiner unverwechselbaren Quäkstimme rausballerte.

Das Publikum nahm’s gelassen, was nicht zuletzt an Schulz‘ reflektierter Selbstironie lag, mit der er jeden noch so peinlichen Moment aufzubrechen in der Lage war. „Ich rede mich schon wieder um Kopf und Kragen“, merkte er passenderweise an. Aber das soll er doch: „Ich werde nächstes Jahr eine Tour machen, während der ich nur rede“, war die Ankündigung, die ein Gefühl der Dankbarkeit hervorrief. Wir bitten darum! Musik darf dann vom Band kommen, immerhin kennt er sich damit aus. Auch wenn es in seiner verspielt-dilettantischen Art mit zuverlässigen Fehlgriffen und Textaussetzern wohl nicht zur eigenen Musiker-Karriere reichen wird. Aber das wird er schon selbst wissen.

Oliver Dietrich

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