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Kultur: Ohne Unterbrechung vom Barock zum Tango

Die Kammerakademie lässt zum Abschluss der Saison in der Friedenskirche Bach auf Piazolla treffen

Auf den ersten Blick haben die beiden Komponisten wenig miteinander gemein: Johann Sebastian Bach und Astor Piazzolla stammen aus zwei unterschiedlichen Epochen, aus zwei sehr verschiedenen Ländern und Musiktraditionen. Der Leipziger Thomaskantor prägte die weltliche und geistliche europäische Musik. Der Bandoneonist und Komponist Astor Piazzolla dagegen gilt als Erneuerer des Tangos, er steht in der Tradition jenes Tangos, der sich in den Slums von Argentinien und Uruguay entwickelte. Auch die Musik Bachs, die Piazzolla schon als Jugendlicher verehrte, war jedoch für den Argentinier bei der Weiterentwicklung des Tangos wegweisend.

Die Kammerakademie Potsdam wird am kommenden Sonntag in dem letzten Konzert dieser Saison in der Friedenskirche beide Komponisten zusammenbringen. Dazu wählen sie Bachs „Musikalisches Opfer“ sowie „Die vier Jahreszeiten“ von Piazzolla. „Der Argentinier verarbeitete auch die Bachsche Fugentechnik in seinen Tango-Kompositionen. Zu den ,Jahreszeiten', die er unmittelbar in seiner Heimatstadt Buenos Aires Jahr für Jahr erlebte, wurde er vor allem von dem Venezianer Antonio Vivaldi inspiriert“, erzählt Jan Böttcher, Solo-Oboist seit der ersten Stunde der Kammerakademie vor gut 15 Jahren. „Das hat uns gereizt, Piazzollas ,Jahreszeiten’-Zyklus mit Bachs ,Musikalischem Opfer’ zu verbinden.“ Das Piazzolla-Werk erklingt immer wieder in ganz verschiedenen Instrumentationen. Die Kammerakademie hat sich für ein reines Streichorchester entschieden, eine Fassung von Leonid Desjatnikow, die von Gidon Kremer und seiner Kremerata Baltica gern musiziert wird. Über den Zyklus des Argentiniers sagte Kremer, er sei eine ehrliche, tief empfundene Musik.

Auch das „Musikalische Opfer“ von Bach wird immer wieder mit verschiedenen Besetzungen bedacht. Friedrich der Große hat Bach 1747 im Potsdamer Stadtschloss mit der Bitte um Verarbeitung eines von ihm vorgegebenen Themas inspiriert. Jan Böttcher hat nun das Werk für das Konzert in Sanssouci instrumentiert. Er ist es gewohnt, neue Fassungen von Werken zu schreiben, vor allem für Bläser ist das kammermusikalische Repertoire rar. Darum schaut er sich nach Kompositionen um, die geeignet sind für andere Instrumentierungen. Schon in der Musikschule hat er für das Holzbläserensemble Wagners Tannhäuser-Vorspiel bearbeitet. Nun also Bachs „Musikalisches Opfer“.

„Natürlich habe ich keine Note verändert“, berichtet Böttcher. „Doch die Fugen, Ricercare und die berühmte Triosonate erklingen im neuen Klanggewand, im farbigen Wechsel zwischen den Instrumenten, zwischen Streichern und Bläsern. Das kunstvolle kontrapunktische Geflecht bleibt erhalten.“ Ohne Unterbrechungen werden beide Werke zu hören sein. Ein Marimbaphon kündigt mit wenigen Tönen das nächste Stück an.

Das Besondere des Konzerts, das zu spannenden Entdeckungen einlädt, wird auch sein, dass alle drei Konzertmeister des Klangkörpers mitwirken und natürlich solistisch ihre Violine zum Klingen bringen: Meesun Hong Coleman, Peter Rainer und Yuki Kasai, die gleichzeitig die Leitung übernimmt. Als weitere Solistin und jüngstes Kammerakademie-Mitglied präsentiert sich die Geigerin Maia Cabeza. Klaus Büstrin

Bach trifft Piazolla, Konzert der Kammerakademie Potsdam am 21. Mai, 18 Uhr, in der Friedenskirche Sanssouci, Eintritt zwischen 15 und 30 Euro

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