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Kultur: Ohne neutönerische Extravaganzen Das Abschlusskonzert des Orgelsommers 2017

„Auch kleine Dinge können uns entzücken“, heißt es in einem jener italienischen Liebesgedichte, die Paul Heyse einst ins Deutsche übertragen und Hugo Wolf anrührend vertont hatte. Auch auf den Klang der barocken Grüneberg-Orgel von 1783 trifft der berührende Liedanfang zu.

„Auch kleine Dinge können uns entzücken“, heißt es in einem jener italienischen Liebesgedichte, die Paul Heyse einst ins Deutsche übertragen und Hugo Wolf anrührend vertont hatte. Auch auf den Klang der barocken Grüneberg-Orgel von 1783 trifft der berührende Liedanfang zu. Die silbrige Zartheit des Klangs verlieh dem Abschlusskonzert des Internationalen Orgelsommers Potsdam am Mittwoch in der Französischen Kirche einen ganz besonderen Reiz. Ein schmuckloser Raum, in dem die größtenteils kurzen und kurzweiligen Stücke aus diversen Barocknotenstuben vorzüglich zur Geltung kamen. Friedenskantor Johannes Lang hatte sich mit Joachim Pliquett, Solotrompeter des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, einen Kenner der barocken Trompetenliteratur wortwörtlich an seine Seite geholt. Gemeinsam oder solistisch musizierten sie, zur Freude des Publikums.

Regelrecht klangfestlich geriet das Entree mit „Sinfonies de Fanfares“ von Jean Joseph Mouret (1682–1738). Dabei trafen in den Ecksätzen jubilierende Orgelklänge auf kraftvoll-strahlenden Trompetenglanz, während der langsame „Air“-Satz ganz der Orgel vorbehalten war, die sich mit glanzvollen und hellen Registerstimmen zu Wort meldete. Auf der hohen „Bach“-Trompete blies Pliquett, kraftvoll im Ansatz und mit gleichsam stählernem Ton, die virtuose G-Dur-Sonate von Jean Baptiste Loeillet (1680–1730), assistiert vom brillanten Sound der Orgel. Im gefälligen Arrangement für zwei erklang die Choralbearbeitung „Nun lob, mein Seel‘, den Herren“ aus der Kantate BWV 167 von Johann Sebastian Bach. Sehr abwechslungsreich dagegen die „Suite of Ayres for the Theatre“ des Briten Jeremiah Clarke (ca. 1673–1707) mit ihren berühmt gewordenen Sätzen „Trumpet Tune“ und „The Prince of Denmark’s March“.

Seine solistischen Aufgaben erledigte Johannes Lang mit viel klanglicher Finesse für die filigranen Strukturen des d-Moll-Praeludiums von Dietrich Buxtehude (1637–1707), das er in gedeckten Farben als kammermusikalische Piece deutete. Dagegen breitete er Bachs Praeludium und Fuge G-Dur BWV 550 als eine lebendige, vergnüglich anzuhörende Miniatur aus, die ganz vom Sound silbrig schimmernder Prinzipalstimmen erfüllt war. Sehr intensiv phrasiert, entpuppte sich die „Toccata prima“ des Georg Muffat (1653–1704) als ein freies, schlichtes und fantasieartiges Stück. Entgegen aller Vermutungen fehlt ihr allerdings jene gleichförmige rasche Bewegung, durch die seit Bach bis hin zu Charles Widor oder Léon Boëllmann die Form der Toccata schließlich ihren Hitstatus erreichte. Für seinen solistischen Auftritt und als Kontrapunkt zur Musik des Barock erwählte sich Joachim Pliquett die Sonatina op. XVII des Italieners Claudio Cavadini (geb. 1935), deren sehr melodiöse und knapp gehaltene vier Sätze vom Gegensatz gerader und ungerader Taktarten, wechselnder Spieltechniken (Echowirkungen!) und kecker bis pointierter Intervallsprünge leben. Viel Charme und Witz und die Erkenntnis: Es geht auch ohne neutönerische Extravaganzen.

Nach dem Ende des erkenntnisreich konzipierten und gut besuchten „Reformations“-Jahrgangs richtet sich der Blick auf 2018. Es steht unter dem Motto „Improvisationen“, möchte zu den bisherigen Spielorten auch die Nikolaikirche mit ihrer neuen Kreienbrink-Orgel einbeziehen. Mal sehen, ob’s klappt. Sicherlich wird es auch weiterhin die informativen Kurzinterviews mit den Solisten geben, die den Konzerten 2017 eine spezielle Note gaben. Peter Buske

Peter Buske

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