zum Hauptinhalt

Kultur: „Oh Konrad, komm vom Himmel herab“ Reggae-Musiker Frank Dellé im Nikolaisaal

Nur Eingeweihte wissen, dass Frank Dellé schon als Student an der Filmhochschule Konrad Wolf in Babelsberg Reggae-Songs komponiert hat. Einer lief sogar eine Zeitlang in der Telefonschleife der Hochschule.

Nur Eingeweihte wissen, dass Frank Dellé schon als Student an der Filmhochschule Konrad Wolf in Babelsberg Reggae-Songs komponiert hat. Einer lief sogar eine Zeitlang in der Telefonschleife der Hochschule. „Oh Konrad Wolf, komm vom Himmel herab“ heißt der Song, der als Aufmunterung für die Toningenieur-Studenten gedacht war. Denn „manchmal waren wir am Verzweifeln, weil so viel Mathe und Physik gefragt war und manche ihre Noten nicht schafften“, erzählt der 47-jährige Dellé.

Den Studiengang zum Diplom-Filmtoningenieur schloss Dellé im Jahr 2001 erfolgreich ab. So richtig bekannt wurde er als einer der drei Frontmänner der Reggae-Band Seeed. Schon früh entdeckte der Sohn eines Arztes aus Ghana und einer deutschen Krankenschwester die Musik von Bob Marley. Diese Faszination hallt auch in Dellés beiden Soloalben „Before I grow old“ und „Neo“ wider. Inzwischen benötigt er die solide berufliche Grundlage nicht mehr, da er von der Musik leben kann. Was nicht überrascht: Bernd Wefelmeyer, langjähriger Professor für Filmmusik an der Babelsberger Hochschule, erzählt, dass Dellé bereits bei der Aufnahmeprüfung einer gewesen sei, „der aufhorchen ließ“. Der heute 77-Jährige ließ die Kandidaten noch a capella vorsingen, sie sollten improvisieren und zeigen, was sie musikalisch drauf haben. Im Laufe des Studiums, das in dieser Form längst nicht mehr existiert, habe sich der positive erste Eindruck noch verstärkt, erzählt Wefelmeyer, der selbst auf ein uvre von rund 300 Film-, Theater- und TV-Musiken zurückblicken kann.

Anfang der 60er-Jahre trat Wefelmeyer mit den Jazz Optimisten in der beliebten Jazz-und-Lyrik-Reihe der DDR mit Wolf Biermann und Manfred Krug auf, und als langjähriger Leiter des Orchesters der Freien Volksbühne Berlin setzte er die Theater-Orchester-Tradition fort. Nach der Wende begründete Wefelmeyer mit Klaus Peter Beyer das Filmorchester Babelsberg und wurde dessen Chefdirigent. Kurz darauf nahm ihn die Neugründung des Studiengangs Filmmusik voll in Anspruch.

Nun führt ein gemeinsames Projekt im Rahmen der Potsdamer Crossover-Konzerte die alten Bekannten wieder zusammen. Als Bernd Wefelmeyer im vergangenen Jahr ein Konzert von Dellé und Band im Berliner Postbahnhof hörte, überzeugte ihn die Idee, eigenständige Orchesterversionen aus Dellés Songs zu kreieren. Dabei sollen „die Farben des Orchesters zum Ausdruck kommen“, erklärt der Professor. Dafür schreibt er zusätzliche Melodiebögen, setzt rhythmische Kontrapunkte und fügt Emotionen ein, die nur die klassischen Musikinstrumente ausdrücken können. Es wird sogar vier Stücke geben, bei denen die Band gar nicht mitspielt, aber noch die Harmonien des Originals erklingen.

Bislang kultivierte Dellé selbst eher die reduzierte Bandform, wie etwa in seiner lässigen Reggae-Version von „The Power of Love“. Bei dem Konzert im Nikolaisaal sind seine Lieder erstmals sozusagen im Breitwandformat des Filmorchesters zu erleben. Für ihn stelle das Komponieren eine Art Tagebuch dar, das immer etwas von seinem Leben erzählt, so Dellé: „Wenn man tiefer in einem Song gräbt, muss man einen Schatz finden“, sagt der Familienvater von zwei Kindern, dessen Faszination für den Reggae ungebrochen anhält. Babette Kaiserkern

Frank Dellé & Filmorchester Babelsberg, Freitag um 20 Uhr im Nikolaisaal

Babette Kaiserkern

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false