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Andrea Palent.

© Andreas Klaer

Nikolaisaal und Kammerakademie Potsdam: Das erwartet das Publikum in der neuen Konzertsaison

Saison der runden Geburtstage: Der Nikolaisaal und die Kammerakademie Potsdam stellen ihre neuen Programme vor. Eine Vorschau.

Potsdam - Es ist wie jedes Jahr, wenn Nikolaisaal und Kammerakademie Potsdam (KAP) zur Pressekonferenz für die neue Konzertsaison 2017/18 laden: ein Flirren von Namen, Stars und Sternchen, neuen Musikformaten – und wie gewohnt Erfolgsvermeldungen aus der laufenden Saison. Die Auslastung des Nikolaisaals lag laut Geschäftsführerin Andrea Palent bei 90 Prozent, bei Babykonzerten sogar bei 100 Prozent.

Die höchsten Zuhörerzahlen hat das Haus zwar nach wie vor bei der Vermietung an Konzertagenturen zu verzeichnen. Aber gerade die Zahl der Eigenveranstaltungen könnte sich in der kommenden Saison erhöhen. Denn endlich soll der langgehegte Wunsch der im kommenden Jahr scheidenden Geschäftsführerin in Erfüllung gehen: Der Nikolaisaal erweitert sich. Der bislang für Orchesterproben genutzte Studiosaal soll spätestens 2018 der Öffentlichkeit zugänglich sein – für Konzerte, vor allem zeitgenössischer Komponisten, und für musikalische Begegnungen. Und bereits in der Sommerpause wird nachgerüstet: Der Nikolaisaal bekommt im 18. Jahr seines Bestehens einen neuen Farbanstrich und neue Brandschutztechnik.

Mit Beginn des Monats September läutet das Haus wie gewohnt das neue Konzertjahr mit einem dreitägigen Fest ein. Gleich zum Saisonauftakt präsentiert sich auch der „Artist in Residence“ der Kammerakademie, Andreas Ottensamer. Mit dem gebürtigen Österreicher hat das Orchester bereits mehrere Konzerte gegeben und die CD „New Era“ herausgegeben. Der Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker wird die gesamte Saison in Konzerten, einer Masterclass und Musikvermittlungsprojekten in der Stadt präsent sein.

Sowohl für die KAP als auch den Nikolaisaal wird es die Saison der Jubiläen: Die Kammerakademie verschreibt sich unter dem Titel „Felix im Glück“ Felix Mendelssohn-Bartholdy, dessen Todestag sich im November zum 170. Mal jährt. Gleich zum Auftakt am 1. September erklingt die Sinfoniekantate „Lobgesang“ des ehemals in Potsdam und Berlin wirkenden Komponisten. Das Konzert mit Solisten des renommierten NDR-Chores wird live aufgezeichnet und im kommenden Jahr als CD veröffentlicht. Nach der Einspielung des Schubert-Zyklus, für den die KAP den Echo-Preis verliehen bekam, wolle sich das Orchester mit der Aufnahme von Werken Mendelssohn-Bartholdys weiter seine Stellung in der Klassikwelt ausbauen, sagt KAP-Geschäftsführer Alexander Hollensteiner. Bereits morgen erscheint die zweite Mendelssohn-CD der KAP, mit der Schottischen und der Reformations-Sinfonie. Letztere spielt die KAP passenderweise zum Luther-Herbst auch in ihrem ersten Sinfoniekonzert Mitte September. Und Mendelssohn-Bartholdys Hauptoeuvre „Elias“ steht dann auch auf dem Programm der diesjährigen Winteroper.

Auch der Nikolaisaal feiert runde Geburtstage. Das Deutsche Filmorchester Babelsberg wird im kommenden Jahr 100 Jahre alt und 25 Jahre sind seit der Wiedergründung 1993 vergangen. Grund genug also für eine eigene Reihe im Nikolaisaal „Vom Kino zum Konzertsaal“. Zum Eröffnungsfest huldigt das Orchester am 2. September der „dolce vita“ und dem italienischen Film, Ende November flimmert das Mittelalter-Epos „Der Medicus“ auf der Leinwand, und im Frühjahr Andreas Dresens Kinoadaption des Timm Thaler – beide mit Livekonzert.

Überhaupt setzt der Nikolaisaal in der kommenden Saison auf Lieblingsklassiker, wie Andrea Palent sagt. Dazu gehöre für sie auch der sowjetische Komponist Dmitri Schostakowitsch, ihrem Verständnis nach „der wichtigste Komponist des 20. Jahrhunderts“. Ihm widmet das Haus im Januar eine ganze Nacht, unter der Leitung Howard Griffiths, dem Generalmusikdirektor des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt (Oder). Für den gebürtigen Engländer ist es nach zehn Jahren BSOF auch Zeit für den Abschied. Der 67-jährige Griffiths wird nach der Saison das Orchester verlassen.

Eher weniger als in der aktuellen Saison widmen sich KAP und Nikolaisaal in der kommenden Saison der Neuen Musik. Dafür rückt die Musikvermittlung noch mehr in den Fokus. Allein ein Drittel des Programmheftes des Nikolaisaals ist mit Ankündigungen für Education-Projekte und Konzerte für Kinder und Schüler gefüllt. Das Programm sei wirkungsvoll und die Nachfrage extrem hoch, sagt Andrea Palent. Vor allem der Altersdurchschnitt wird wohl nach unten gesenkt werden – mit mehr Babykonzerten und Veranstaltungen im Foyer für Kinder ab anderthalb Jahren.

Neue Musikerlebnisse verspricht sich der Nikolaisaal auch von neuen Formaten. Bereits in dieser Saison probte die KAP Wandelkonzerte, auch im Museum Barberini, nun sollen diese fester Bestandteil auch im eigenen Konzertsaal werden. Die Sitzposition des Zuhörers wird auch in der Reihe „Freistil“ aufgehoben: Andere Häuser, etwa das Radialsystem in Berlin haben es vorgemacht, nun veranstaltet auch der Nikolaisaal Konzerte im Liegen. Aber das erst nach einer Yoga-Stunde. Die Endentspannung also nicht in Stille, sondern mit Musik.

Zeit zum Ausruhen hat die Kammerakademie hingegen wenig. Nach dem Ende der Potsdamer Saison ist sie nun ab Montag unterwegs auf einem anderen Kontinent. Ihre erste Südamerika-Tournee führt sie mit dem bereits in Europa präsentierten Programm mit Trevor Pinnock und Emmanuel Pahud die kommenden zwei Wochen in die großen lateinamerikanischen Hauptstädte – Sao Paolo, Santiago de Chile und zum Abschluss Buenos Aires. Vor der neuen Saison also ein neuer Kontinent im Fokus.

Grit Weirauch

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