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Nikolaisaal: Märchenhaft gekürzte Kinderoper „Hänsel und Gretel“

Erstmalig erklingt die große Oper beim alljährlichen Nikolauskonzert in einer Fassung für die Kleinen.

Potsdam - Ein Riesenlärm herrscht im Nikolaisaal – 6oo Kinder im Vorschulalter und ihre Betreuer warten gespannt auf den Beginn von Hänsel und Gretel. Vom ersten Moment an gelingt es Stephan Holzapfel die Kinder in den Bann zu ziehen. Auf der Bühne nimmt das Brandenbrugische Staatsorchester Frankfurt mit voller Besetzung Platz. Doch es gibt keinen lauten Tusch, Stephan Holzapfel beginnt leise mit dem Lied von Hänsel und Gretel und lässt die Kinder gleich mitsingen. Die direkte Ansprache funktioniert, auch später gibt es genug Momente für die Kinder zum Mitmachen.

Überhaupt ist es ein kleines Kunststück, wie Stephan Holzapfel die zweistündige Oper von Engelbert Humperdinck auf ein kindgerechtes Maß von nur einer Stunde eingedampft hat. Er bleibt weder im allzu Seichten stecken, noch gibt er das Märchenhafte preis. Außerdem ist das „Kinderstubenweihfestpiel“, wie es der Komponist in ironischer Anspielung an Richard Wagners „Parsifal“ nannte, ja ein Stück opulentes Musiktheater mit Arien, Chören und tosender Musik. Die erklingen hier mit Hörnerschall, Oboenleuchten, Harfensäuseln, bebenden Streichern, Trompetenschmettern, Schellenrasseln, markigem Xylophon und vielem mehr. Für die spätromantischen Klänge, die im Orchester unter der Leitung des jungen Dirigenten Kevin Griffiths wunderbar leuchten, wogen und walzern, wurde kein Aufwand gescheut. Viel wichtiger ist aber, was mit Hänsel und Gretel passiert.

Stimmig-moderne Fassung

Dafür hat Stephan Holzapfel eine stimmig-moderne Fassung mit einigen Hinweisen auf die Gegenwart erdacht. Auf den Vater wurde gleich ganz verzichtet, und die Mutter ist keine strafende Instanz, sondern einfach nur erschöpft und müde. Hänsel will zwar mutig sein, zeigt aber doch offen seine Angst. Am meisten Spaß macht – wie könnte es anders sein – die Hexe. Mit einem quasi galaktischen Zauberstab lässt sie die Kinder erstarren, sie singt ihr grelles Hokus-Pokus-Hexenschuss-Lied und tanzt mit einem Glitzer-Besen. Auch Hänsel und Gretel agieren mit Spiellust und Gesangsfreude, singen die altbekannten Volkslieder und balgen wie echte Geschwister auch mal herum. Sopranistin Constane Jader vom Ensemble der Deutschen Oper Berlin gibt einen quicklebendigen Hänsel in abgewetzten Lederhosen, Weste und verkehrt herum aufgesetztem Basecap, der stimmlich brilliert. Mit hellem Stimmglanz überzeugt die junge Sopranistin Soo Yeon Lim als Gretel, die schließlich mit weiblicher Kraft der Hexe den Garaus macht. Die Doppelrolle als Mutter und Knusperhexe füllt die Schweizer Sängerin Rahel Indermaur mit dem warmen, ausdrucksvollen Timbre ihrer Stimme hervoragend aus. Der wahre Höhepunkt kommt aber erst zum Schluss, als ein echter Nikolaus mit kleinen Gaben für die lieben Kinder erscheint – etwas Märchenhaftes muss auch im Alltag bleiben.

„Hänsel und Gretel“, der nächste Termin im Nikolaisaal am 19.12. um 10 Uhr

Babette Kaiserkern

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