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Antonello Manacorda hat zunächst Karriere als Geiger gemacht, bevor er Dirigent wurde.

© Sebastian Gabsch PNN

Neues Doppelalbum der Kammerakademie Potsdam: Mozart alla Manacorda

Seit zehn Jahren sind sie ein Team, jetzt haben Antonello Manacorda und die Kammerakademie Potsdam die letzten drei Sinfonien von Mozart aufgenommen.

Potsdam - In den zehn Jahren ihrer Zusammenarbeit haben sich die Kammerakademie Potsdam und ihr Chefdirigent Antonello Manacorda einen hervorragenden Ruf erspielt. Lebendig, frisch, motiviert, das sind Adjektive, die zum Orchester der brandenburgischen Landeshauptstadt passen. Auch das Label Sony weiß diese Qualitäten zu schätzen und ermöglicht der Kammerakademie, Werke des klassischen Kernrepertoires zu veröffentlichen, und zwar gleich in zyklischer Form.

Sämtliche Sinfonien von Franz Schubert machten den Anfang, es folgte der komplette Mendelssohn, jetzt ist Mozarts finales Sinfonien-Trio erschienen. Die Nummern 39 bis 41 werden von vielen Fachleuten als gedankliche Einheit gedeutet - fantastische Meisterwerke, die Mozart den auf dem Höhepunkt seiner Genialität zeigen, sind sie in jedem Falle.

Manacorda liebt quecksilbrige Quirligkeit

„Panta rhei“, alles fließt, ist auch hier wieder Antonello Manacordas Credo. Der italienische Maestro liebt es, wenn die Musik so richtig kraftvoll strömt. Und die quecksilbrige Quirligkeit seiner Musikerinnen und Musiker ist mitreißend, ihr Engagement, ihr schlanker Ton. Das Beste aus zwei Welten mischt sich hier: Die Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis, die Errungenschaften der Alte-Musik-Bewegung in Sachen nonverbaler Rhetorik verbinden sich mit dem Farbenreichtum, der Brillanz des traditionellen Orchesterklangs. Das stürmt und drängt wunderbar, ein unterschwelliges Pochen versinnbildlicht im zweiten Satz der Nummer 39 innere Spannung, positive Energie und Lebenshunger, in der G-Moll-Sinfonie wird bewusst Pathos vermieden, strahlende Festlichkeit entwickelt der Eröffnungssatz der „Jupiter“-Sinfonie.

Was ist wirklich wichtig, was Beiwerk?

Und doch fehlt etwas. Der Kontrast. Denn in seinem Molto-Vivace-Furor gibt Manacorda der Musik kaum je Raum zu Atmen. Beispielsweise beim verhaltenen 2. Thema im Kopfsatz der Nummer 39. Da würde der Dirigent am liebsten immer gleich wieder losstürmen, statt sich ein wenig Zeit zu nehmen für die Kontemplation. Jede Partitur braucht ihre Haltepunkte, ihre Widerhaken, jede Dramaturgie ein retardierendes Moment. Sonst bleibt die Struktur unklar, erschließt sich für den Zuhörenden nicht, was nun wirklich wichtig ist und was Beiwerk.

Bei der neuen Einspielung der Kammerakademie gibt es viel Licht und fast keinen Schatten, diese Interpretation gibt nur Antworten und lässt keine Fragen offen. So aber verliert die Musik ihr Geheimnis. Was beim Live-Erlebnis im Potsdamer Nikolaisaal oder anderswo nicht so auffällt, weil es einfach Spaß macht, den Instrumentalist:innen und ihrem Chef dabei zuzusehen, wie sie miteinander kommunizieren, wird unüberhörbar, wenn die optische Komponente wegfällt. Manacordas Mozart setzt Endorphine frei, wirkt wie Koffein. Aber er geht nicht zu Herzen.

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