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Andreas Hüneke hat ein Buch über Christian Morgenstern veröffentlicht.

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Neues Buch über Christian Morgenstern: "Maler bis in den letzten Blutstropfen"

Der Kunstwissenschaftler Andreas Hüneke hat ein Buch über Christian Morgenstern veröffentlicht. Darin wendet er sich dessen bildnerischem Schaffen zu. Der Band begleitet eine Ausstellung in Werder.

Potsdam - Christian Morgenstern, dessen 150. Geburtstag jüngst zu begehen war, malte in bunten Farben. Nicht mit dem Pinsel bekanntlich, sondern mit Worten. Sein Gedicht „Gruselett“ zum Beispiel geht so: „Der Flügelflagel gaustert/ durchs Wirowaruwolz,/ die rote Fingur plaustert,/ und grausig gutzt der Golz.“

Vom „grauen Feld der Buchstaben“, wie Morgenstern das selbst nannte, ist sein Schreiben meilenweit entfernt. Da knarzt und wabert, leuchtet und kichert es. „Linien und Farben sind meine Domäne“, schrieb er. „Es ist mein Auge, das nicht vergeblich leben will.“ Wenn da Wehmut mitklingt, dürfte das mit der Wucht des Erbes zu erklären sein: Morgenstern war bildnerisch auf geradezu erdrückende Weise familiär vorbelastet. Der Vater und beide Großväter waren Landschaftsmaler. Morgenstern selbst sagte: „Ich bin Maler bis in den letzten Blutstropfen hinein.“

Ehrung in der Guten Stube

Unter der kuratorischen Regie des Kunstwissenschaftlers Andreas Hüneke hat die Turmgalerie Bismarckhöhe in Werder (Havel) dem bislang wenig beachteten bildnerischen Werk von Christian Morgenstern eine Schau gewidmet. Und weil Hüneke zudem Vorsitzender des Potsdamer Kunstvereins ist, wird über Pfingsten auch in der Potsdamer Galerie Gute Stube (geöffnet je 15 bis 18 Uhr) Morgenstern geehrt: mit zeitgenössischen Positionen etwa von Dominique Raack, Ann-Kathrin Fehrmann und Bernd A. Chmura.

"Klecksographien"

In Werder sind Collagen und Skizzen von Morgenstern zu sehen, aber auch Klecksographien – per Zufall durch Tinten- oder Farbkleckse entstanden – oder Photogramme: belichtete Objekte wie Blätter oder Tannenzweige. Morgenstern war offenbar nicht nur Sprachakrobat, er hat auch sonst gern experimentiert.

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Parallel zur Werderaner Ausstellung hat Andreas Hüneke eine Publikation herausgegeben. Auf 80 Seiten lässt sich hier Morgensterns Werk mit dem eines zeitgenössischen Kollegen kurzschließen: Hans Ticha. Ticha, Jahrgang 1940, hatte 1998 für eine geplante Neuausgabe des „Großen Morgenstern-Buchs“ Illustrationen angefertigt. Aus dem Projekt wurde nichts, aber Tichas Beschäftigung mit Morgenstern ging weiter, ein Liebhaberdruck in 300 nummerierten Exemplaren entstand – eine bibliophile Kostbarkeit.

Tichas Befürchtung, als Illustrator bekomme man bei dem verbalen Witz Morgensterns schwer einen Fuß in die Tür, scheint unbegründet. Tichas „Gruselett“ zeigt zwei hypnotisch dreinblickende Fantasiewesen, Elemente von Vögeln, Clowns und gewaltigen Pobacken. Vor schwarzem Grund starren sie einen an. Und man versteht die Schönheit des Golz erst jetzt so richtig: dass man nie wissen wird, was das nun eigentlich ist. 

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