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Kultur: „Neuer“ Geist

1. Kultursalon: Erica Oeckel präsentiert Beret Hamann

Einzig das rote Lümmelsofa erinnert ansatzweise an einen Salon in der ehemaligen sozialistischen Zweckarchitektur des Saales im Erdgeschoss des Künstler- und Gründerzentrums in der Puschkinallee. Und doch haben sich am Dienstagabend etwa drei Dutzend Besucher auf den hier noch erhaltenen, früher allgegenwärtigen Schulsitzmöbeln eingefunden, um beim 1. Kultursalon von Erica Oeckel mit dabei zu sein. Die agile rothaarige Malerin will ab sofort jeden zweiten Monat, jeweils am ersten Dienstag, Bildende Künstler präsentieren, zu lockeren Salongesprächen einladen und auch Musikern und Literaten ein Podium bieten.

Zur Premiere also die Potsdamerin Beret Hamann, die mit ihren „Metamorphosen“ auch den diesjährigen Ausstellungsreigen im Haus eröffnete. Vier nahezu quadratmetergroße Bilder springen dem Besucher an der Stirnseite des Raumes sofort ins Auge. „Nasturtium officinale“, die „Kontaktaufnahme der Brunnenkresse-Samen“ sind sie betitelt. Und so strecken sich denn auch auf allen vieren kräftige Keime wie Arme aus, um Kontakt mit der Welt um sich herum aufzunehmen. Zuerst sind sie grau und blass in einem roten Meer, dann verfärben sie sich langsam aber dramatisch bis sie schließlich in einem explosiven Feuerwerk zu etwas Ungeahnt-Neuem verschmelzen. Beret Hamann hat dabei nicht nur die Naturformen extrahiert, wie Lothar Krone in seinen einführenden Worten bemerkte, sondern gleichzeitig eine eindrucksvolle Wandlung der in der Natur gesehenen Formen vollzogen.

Metamorphosen durchlief in den vergangenen drei Jahrhunderten auch die Salonkultur, wie die Kulturwissenschaftlerin Delphine Scheel in ihrem kurzweiligen Vortrag zum Besten gab. Sie zog eine Traditionslinie von den Salons der Madame de Staël, über die der Fanny Hensel bis hin zu den „Oeckel-Salons“, die als generations- und professionsübergreifende Begegnungen geplant sind.

Wie gut das funktionieren kann, zeigte schon der erste Abend. Die erst 16-jährige Musikschülerin Cornelia Littmann spielte auf ihrem Akkordeon mal versonnen und träumerisch, dann wie ein Wirbelwind sowohl die anspruchsvolle Kindersuite von Wladislaw Solotarjow als auch einen Tango von Astor Piazzolla.

Nach einer knappen anregungsreichen Stunde gab es dann bei einem leichten Buffet die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen oder auch die anderen ausgestellten Bilder Beret Hamanns zu betrachten. Eine sektkelchartige anmutige Blüte, die die Künstlerin irgendwann auf der Freundschaftsinsel gefunden hat, wird in den Stadien fortschreitenden Vergehens abgebildet. Sehr grafisch und in verschiedenen Grautönen und dadurch in wunderbarem Kontrast zu den geilen und explosiven Samen, die von gegenüber leuchten. Dazwischen ist fast alles möglich, auch im Gespräch zwischen Künstlern und Betrachtern, zwischen Alt und Jung, zwischen akademischem Vortrag und „Unsauber Gesprochenem“. Der „neue“ Geist des Hauses mit seiner wechselvollen Vergangenheit will sich fortan zeigen in einer respektvollen und warmherzigen Gesprächskultur, zu der Erica Oeckel alle Potsdamer einlädt. Astrid Priebs-Tröger

Finissage am 21. April, um 17 Uhr

Astrid Priebs-Tröger

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