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„Aufmarsch zum Baubeginn 2017“ von Joachim Scheel zeigt den Start des Wiederaufbaus des Garnisonkirchturms.

© Andreas Klaer

Neue Ausstellung im Potsdam Museum: Aus den Depots ans Licht

Bürgerinnen und Bürger konnten im Projekt „Demokuratie“ mitbestimmen, welche Werke in die Schau sollen. Ein Thema bewegte sie dabei besonders.

Potsdam - „Bauzaun V“ lautet der lapidar klingende Titel eines Gemäldes von Barbara Raetsch in der aktuellen Ausstellung im Potsdam Museum. Zu sehen sind ein Bauzaun und eine angedeutete Fensterfront vor dunklem Hintergrund. Der Zaun leuchtet rot wie ein Fanal und korrespondiert mit einem Bild von Achim Mogge, auf dem ebenfalls ein roter Bauzaun erkennbar ist. Dieser ist postiert vor dem abgerissenen Gebäude der ehemaligen Fachhochschule Potsdam.

„Bilder, die sich mit der Stadt und der Stadtgeschichte befassen, haben die Bürger am stärksten bewegt“, stellt Anna Bittner fest. Sie ist Mitkuratorin der Ausstellung „Eine Sammlung – viele Perspektiven. Kunst im Dialog von 1900 bis heute“. Das Bild von Raetsch sei ein Neuzugang, erst vor einiger Zeit mit Hilfe des Kunstvereins des Museums gekauft und bisher im Depot gelagert gewesen.

275 Bilder standen zur Wahl

Es ist nicht das einzige Bild, das in der Sonderausstellung, die am Freitag eröffnet wird, erstmals den Blick der breiten Öffentlichkeit erreicht. Im Rahmen des Projektes „Demokuratie" konnten Bürgerinnen und Bürger über die Webseite des Potsdam Museum im vergangenen Jahr zu einer Auswahl von 275 der ungefähr 2000 Werke Position beziehen. In die Ausstellung schafften es schließlich 60 Werke von 41 Künstlerinnen und Künstlern – aufgegliedert in Themenräumen. 

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Die Kommentare der Internetjuroren lassen indes die Emotionen erkennen, die von der Kunst gerade mit Blick auf die Historie herauf beschworen werden können. „Dieses Gemälde symbolisiert für mich den tiefsten Punkt der deutschen Teilung“, beschreibt die Galeristin Angelika Euchner ihre Gefühle angesichts eines düsteren Szenarios mit Stacheldraht und Grenzmauer, das ein Werk von Peter Rohn mit den Titel „Mauer im November 1988“ zeichnet. Ein anderer, anonymer Teilnehmer hat das Bild von Achim Mogge ausgewählt, das das inzwischen abgerissene Gebäude der einstigen Fachhochschule  zeigt. „Weil es eine vergangene Kultur zeigt“, begründet er dies.

60 Werke werden in der Ausstellung gezeigt.
60 Werke werden in der Ausstellung gezeigt.

© Andreas Klaer

Direktorin Götzmann: Kunst häufig ein Seismograf für die Stadtentwicklung

Potsdam, die Stadt im Wandel, in der über die neue Gestalt der Mitte Jahrzehnte gestritten wurde, weist mit dem verschütteten Kanal eine weitere ungelöste Baustelle auf. Der widmete sich Otto Heinrich mit seinem Bild „Fischmarkt in Potsdam am Stadtkanal am Wilhelmplatz“ von 1925. „Form, Farbe und die lebendige Erinnerung an ein Potsdamer Wahrzeichen, das bis heute im wahrsten Sinne des Wortes verschüttet ist und der Ausgrabung und Wiederbelebung harrt“, erkannte der Fernsehmoderator Günther Jauch in dem Bild. „Die Kunst ist häufig ein Seismograf für die Stadtentwicklung“, bemerkt Museumsdirektorin Jutta Götzmann.

Museumsdirektorin Jutta Götzmann.
Museumsdirektorin Jutta Götzmann.

© Andreas Klaer

Der Dialog mit der Öffentlichkeit, der mit dem Projekt angestrebt wurde, ist allem Anschein nach gelungen. Ursprünglich war geplant, Workshops im Depot des Museums durchzuführen und so noch weitere Teile der Sammlung einer Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sagt Anna Bittner. Aufgrund der Coronalage sei dies aber nicht möglich gewesen, daher sei man aufs Internet ausgewichen. Eine direkte Zusammenarbeit habe es mit dem Hannah-Arendt-Gymnasium gegeben. Deren Schüler haben einige Boxen gestaltet, in denen fiktive Ausstellungshängungen zu sehen sind.

Verschollen geglaubtes Bild taucht wieder auf

Der Erhaltungszustand, das Thema, das vermutete Öffentlichkeitsinteresse – das waren Kriterien, nach denen die zur Wahl gestellten Bilder im Vorfeld betrachtet worden seien. Dabei habe es auch für die Künstlerinnen und Künstler einige Überraschungen gegeben. Die Künstlerin Christa Panzner etwa nahm an, das „Frauenbildnis Bettina von Arnim“, das sie für die nicht mehr existierende Bettina-von-Arnim-Schule in Hohenseefeld gemalt hat, sei verschollen. Nun aber tauchte es im Depot des Museums wieder auf und wird nun ausgestellt.

Die Ausstellung zeigt ein breites Spektrum Potsdamer Kunst, die von den figurativen Sujets bis zu abstrakten Tendenzen reicht. In der Sparte ‚Natur’ sticht „Herbstwald II“ von Magda Langenstraß-Uhlig aus dem Jahr 1918 hervor. Es changiert geschickt zwischen expressionistischer und natürlicher Farbgebung. Squaw Hildegard Rose wiederum lässt in einer Mischtechnik auf Papier aus dem Jahr 2003 den Horizont im Dunkeln verschwinden – und dürfte damit ganz gut die gegenwärtige Stimmung einfangen.

Die Sonderausstellung ist ab dem 22. April bis zum 2. Oktober im Potsdam Museum zu sehen

Richard Rabensaat

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