zum Hauptinhalt
Fünfmal verfilmt. Fontanes „Effi Briest“ hier als „Rosen im Herbst“. 

© Ottmar Winter

Neue Ausstellung im Filmmuseum zu Fontane: Der Alte, der mit der Krise und der Rebell

Das Potsdamer Filmmuseum zeigt im Foyer eine Ausstellung zu „Fontanes Männlichkeiten“ und hinterfragt dabei tradierte Geschlechterrollen.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Es ist so eine Sache mit der Effi und dem Crampas im Film. Eine Affäre haben sie immer, so bestimmt es Theodor Fontane bereits in seinem Roman „Effi Briest“. Schaut man sich allerdings die verschiedenen Verfilmungen des Stoffes an, schleicht sich immer wieder die Frage ein: Was findet die junge Frau nun eigentlich an diesem Major?

Eine Antwort auf diese Frage sucht das Potsdamer Filmmuseum. In der Foyerausstellung „Theodor Fontanes Männlichkeiten. Rollenbilder zwischen Kino und Fernsehen“, die am heutigen Donnerstag eröffnet, werden die männlichen Figuren der insgesamt 37 zwischen 1937 bis 2009 entstandenen Fontane-Verfilmungen beleuchtet. „Die Frauen sind in der Wissenschaft lange genug betrachtet worden“, erklärt Filmmuseums-Chefin und Ausstellungsleiterin Ursula von Keitz. Aktuell sei es wichtiger denn je, über die Definition von Männlichkeit nachzudenken und sie vor allem zu befragen.

Klare Besetzungspolitik

Bezogen auf Fontane sind die Männer im Filmmuseum in drei Kategorien eingeteilt, farblich abgegrenzt durch unterschiedliche Blautöne: „Alte Männer“, „Männer in der Krise“ und „Junge Rebellen“. Zu den Alten gehören Figuren wie Effis Vater oder die Kommerzienräte Treibel und van der Straaten. Waldemar aus „Stine“ oder Ebenezer aus „L’Adultera“ zählen zu den jungen Rebellen. In der Krise befindet sich hingegen etwa Effis Ehemann von Instetten. Durch den Major von Crampas verliert er seine Frau und – wie er meint – ein gewisses Maß an Ehre. Im Filmmuseum ist anhand einer großen Fotowand sehr schön zu sehen, wie Instetten in den verschiedenen Verfilmungen besetzt wurde – immer in Gegenüberstellung zum Konkurrenten Crampas.

Filmstills aus "Rosen im Herbst" von 1955.
Filmstills aus "Rosen im Herbst" von 1955.

© Ottmar Winter

Nicht immer kommt Letzterer dabei gut weg: In Rudolf Jugerts Verfilmung unter dem Titel „Rosen im Herbst“ (1955) etwa wird er von Carl Raddatz gespielt, der neun Jahre älter als Instetten-Darsteller Bernhard Wicki ist. Überhaupt sieht Wicki „viel erotischer aus“, wie Ursula von Keitz sagt. „Man fragt sich schon, was hat sie eigentlich gegen den Kerl?“ Der Hintergrund ist klare Besetzungspolitik: Die Ehe wurde in den 1950er-Jahren hochgehalten, der Ehemann dementsprechend sympathisch dargestellt. Ganz anders in der jüngsten Filmfassung von Hermine Huntgeburth aus dem Jahr 2009. Hier übertrumpft der charmante Mišel Maticevic als Crampas den reservierten Sebastian Koch deutlich.

Keine Spielfilmprojekte im Fontanejahr

Sieht man von einer elfminütigen Effi-Parodie des Neo Magazin Royale aus dem Jahr 2017 ab, folgten nach 2009 auch keine weiteren Fontane-Adaptionen für Film oder Fernsehen. Fontane, dessen Werke wegen seiner dramaturgischen Schreibweise und seines spannenden Figurenkosmos besonders in den 1960er- und 70er-Jahren sowohl in der DDR als auch in der BRD beliebter Adaptionsstoff waren, scheinen in der modernen Filmwelt vergessen. Selbst zum diesjährigen Fontanejahr ist kein Spielfilmprojekt in Sicht. „Es ist nicht einfach, seine Themen in die Gegenwart zu holen“, so ein Erklärungsversuch von Ursula von Keitz.

Dabei wurde sich auch in den 1940er-/50er-Jahren nur lose an den literarischen Vorlagen orientiert. Die Filme verlegten Schwerpunkte, wie in Arthur Pohls „Frau Jenny Treibel oder Corinna Schmidt“ (1951) oder änderten nicht selten den Titel. „Effi Briest“ etwa wurde nicht nur als besagte „Rosen im Herbst“, sondern 1939 bereits unter dem Titel „Der Schritt vom Wege“ verfilmt. Mit insgesamt fünf Verfilmungen ist sie einer der beliebtesten Fontanestoffe.

Effis Kleid aus der DDR-Verfilmung von Wolfgang Luderer (1970).
Effis Kleid aus der DDR-Verfilmung von Wolfgang Luderer (1970).

© Ottmar Winter

Effi Briest zieht sich thematisch durch die Ausstellung

Kein Wunder also, dass sich Effi thematisch auch durch die Ausstellung im Filmmuseum zieht. Gleich im Foyer hängt „ihre“ Schaukel, in einer Vitrine ist ihr Kleid aus der berühmten DDR-Verfilmung von Wolfgang Luderer mit Angelica Domröse in der Hauptrolle zu sehen. Gerne hätte Ursula von Keitz ein männliches Kostüm gezeigt, aber es existiert schlicht keines mehr. Dafür wird Effis Kleid von übergroßen Schattensilhouetten umstellt, die mit Pistolen aufeinander zielen – Instetten und Crampas im Duell. 

>>„Fontanes Männlichkeiten“ sind bis zum 27. Oktober im Filmmuseum zu sehen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false