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Kultur: Nägel und Wollfäden

Ungewöhnliches: Meik Stamer und Henrik Eiben im KunstHaus

Wolle ist ein Material, das man eher mit traditionellen Handarbeitstechniken als mit moderner Kunst in Verbindung bringt. Und so finden sich in der aktuellen Ausstellung „Schichtwechsel“ im KunstHaus Potsdam auch keine gestrickten, gehäkelten oder geknüpften Objekte. Aber die beiden jungen Künstler Meik Stamer (Jahrgang 1978) und Henrik Eiben (Jahrgang 1975) verwenden neben Stoffen dieses Material in ihren Bildern und Objekten als durchaus ungewöhnliches „Mal- und Zeichenutensil“.

Sofort ins Auge fallen die exakten „Waffelmuster“ Meik Stamers, der sowohl auf kleinen als auch auf riesigen Flächen mit Hilfe unzähliger Nägel seine kilometerlangen Wollfäden dicht an dicht und in Lagen geschichtet kunstvoll verspannt. Mal sind es wie in „Pico Bello“ blaue, grüne, rote, weiße und gelbe Karos oder in „white stripes“ ebensolche Streifen auf schwarzem Grund. Oder vielleicht als Hommage an traditionelle Handarbeitsmuster beziehungsweise wie bei einem Kind, das mit farbigen Perlen Muster in ein Stecksystem drückt, einfache Blüten, Kreuze und Bögen. Selbst vor der deutschen Flagge macht seine ausgefallene „Webkunst“ nicht halt. Neben dem ungewöhnlichen Ausgangsmaterial fällt auch deren Farbgebung auf: Das Blutrot ist durch ein sanftes Rosa ersetzt. „A Modern Romance“ ist das 1,60 Meter mal 2,50 Meter große Objekt von 2009 doppeldeutig betitelt.

Dieses subtile und oft ironische Spiel mit Bedeutungen und Nuancen zeichnet auch die experimentellen Arbeiten von Stamers Studienkollegen Henrik Eiben aus. Beide sind noch vor wenigen Jahren Schüler von Silvia Bächli an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe gewesen. Und experimentieren mit augenscheinlicher Lust mit ziemlich gegensätzlichen Materialien und Genres. Von Eiben sind sowohl reduzierte Zeichnungen wie „H“ oder „M“ als auch verblüffende Objekte wie der überdimensionierte „Holzzirkel“, „Frank 2008“ oder die signalrote Metall-Stoff-Skulptur „Venice“, die wie ein Mobile von der Decke hängt, zu sehen.

Auf den ersten Blick ist man geneigt, diese Bilder und Objekte als minimalistisch zu empfinden. Es scheint sich um formal überschaubare Gebilde zu handeln, die aber gerade eine Eigenschaft, die die klassischen Werke der Minimal Art auszeichnet, nicht besitzen. Nämlich den Betrachtern die Formelemente und Materialien, klar und ohne doppelten Boden vorzuführen.

Dass dem nicht so ist, zeigen nicht nur die vieldeutigen Titel der ausgestellten Objekte, die von NOS - der Abkürzung einer niederländischen Rundfunkanstalt – bis Valley – vom legendären Sillicon Valley bis zu einer bayrischen Gemeinde - reichen, sondern auch das Spiel mit den „Gesetzmäßigkeiten“ und dem vermeintlich Angemessenen von Kunst, das Eiben so weit treibt, dass er einen mit rot-orangefarbenen Stoff bezogenen Tank einer Vespa, als eben solche ausgibt. Das kann man kopfschüttelnd als bloßen Unfug aber auch amüsiert-entspannt als sinnfreies Spiel mit Möglichkeiten ansehen. Faszinierend schön dagegen ist die großformatige „Wolllandschaft“ auf einem Tischgestell, die Meik Stamer aus grünen, grauen und roten Fäden „gesponnen“ hat und die ungemein organisch die Grenzen zwischen Malerei und Objekt überwindet. Astrid Priebs-Tröger

Bis 10. Mai, Mittwoch, Do und Fr von 15 bis 18 Uhr, Sa/So 12 bis 17 Uhr

Astrid Priebs-TrögerD

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